Antrag 20 / Für ein sozial-ökologisches Konjunkturpaket III

zur 152. Vollversammlung der AK-Wien am 3. November 2009

Antrag zugewiesen (Ausschuss f. Wirtschaftspolitik)
GLB, Türkis, BDFA: JA
ÖAAB, FA: NEIN
FSG, GA, Persp., BM, GLB: für Zuweisung

Antragsbearbeitung

 

Die Arbeiterkammer Wien fordert ein Konjunkturpaket III, mit den Investitionsschwerpunkten Klima- und Umweltschutz, Sozialpolitik und Bildung. Dieses beinhalten insbesondere:

• Weitere steuerliche Entlastung von ArbeitnehmerInnen – erste Schritte zu einer Einführung vermögensbezogener Steuern jetzt einleiten!
Die Negativsteuer ist im Rahmen einer automatisierten ArbeitnehmerInnenveranlagung auf 450 Euro/Jahr zu erhöhen, um die Kaufkraft einkommensschwächerer ArbeitnehmerInnenschichten deutlich zu erhöhen.
Im Gegensatz dazu ist – als rasch umsetzbare partielle Gegenfinanzierungsmaßnahme - der Steuersatz für Einkommen ab € 140.000 auf 55 %, für Einkommen ab € 500.000 auf 60 % erhöht werden. Jene SpitzenverdienerInnen, die Profiteure der wirtschaftlichen Entwicklung der letzten Jahre waren, sollen ihren Beitrag zum Steueraufkommen leisten. Höhere Progressionsstufen für SpitzeneinkommensbezieherInnen machen auch darum Sinn und entsprechen der Steuergerechtigkeit, da sie von den im Zuge der Steuertarifreform beschlossenen niedrigeren Progressionsstufen im unteren und mittleren Einkommenssegment besonders profitieren und die Sparquote bei hohen Einkommen besonders hoch ist.

Als Sofortmassnahmen im Bereich der Steuerpolitik gilt es weiters, eine neue Börsenumsatzsteuer auf sämtliche an der Börse getätigten Umsätze ehestmöglich und jedenfalls bis zur Einführung einer EU-weiten Finanztransaktionssteuer wieder einzuführen.

• Stärkung der automatischen Stabilisatoren
Eine bedarfsorientierte Grundsicherung ist zur Stärkung der Kaufkraft von BezieherInnen sozialer Transfers umgehend umzusetzen, die Nettoersatzrate in der Arbeitslosenversicherung auf 80 % zu erhöhen. Diese Massnahme ist dringend geboten – nicht nur, um Armut im Falle von Arbeitslosigkeit zu verhindern, sondern – da steigende Arbeitslosigkeit zu befürchten ist – auch, um die Konjunktur nachfrageseitig zu stabilisieren.

• Investionsmaßnahmen in den Klimaschutz
- Gebäudesanierungsoffensive: Die Wärmedämmung von Gebäuden hat gemessen am Investitionseinsatz die höchsten indirekten Beschäftigungseffekte und bringt den Haushalten eine deutliche finanzielle Entlastung im Bereich der Energiekosten. Die Sanierungsrate des Althausbestandes ist schnellstmöglich von 1,5 auf 3 % zu erhöhen. Energieeffizienz- und Wärmedämmungsmaßnahmen an öffentlichen Gebäuden sind zu forcieren. Die vorgesehenen budgetären Mittel zur thermischen Sanierung sind entsprechend deutlich zu erhöhen.
- Investitionen in öffentlichen Personen-Nahverkehr: Investitionen in den öffentlichen Nahverkehr sind – laut WIFO – beschäftigungswirksamer als jene in Großprojekte und bringen PendlerInnen eine unmittelbare Entlastung.

• Gemeinden vom österreichischen Stabilitätspakt befreien
Den Gemeinden ist wieder ein breiterer Handlungsspielraum für Investitionen einzuräumen. Gemeinden und Gemeindeverbände sind die wichtigsten Träger der öffentlichen Investitionen, die in den letzten Jahren stark zurückgegangen sind – nicht zuletzt als Folge des innerösterreichischen Stabilitätspakts. Eine Befreiung von diesem schafft den notwendigen Handlungsspielraum und löst einen Investitionsschub aus. Der Bund muss den Kommunen zusätzlich den erleichterten Zugang zu günstigeren Finanzierungsmöglichkeiten z.B. über Anleihen, Zinszuschüsse ermöglichen.

• Investitionen in Bildung, Pflege, Soziale Einrichtungen, Gesundheit und Kinderbetreuung
- Sanierungsprojekte von desolaten, gegen die ArbeitnehmerInnenschutzbestimmungen verstoßenden Universitätsgebäuden sind dringendst anzugehen. Die Budgetmittel für Universitäten sind in diesem Sinne – entsprechen den Beschlüssen des Nationalrats – sicher zu stellen.
- Der Ausbau – sowohl infrastrukturell als auch personell - von ganztägigen, flächendeckenden Kinderbetreuungsplätzen – von Kinderkrippen bis zu Ganztagsschulen - für Kinder im Alter von 0-3 bzw. 6-12 Jahren ist zu forcieren, fertig geplante Projekte vorzuziehen. Die qualitativ hochwertige Ausbildung von KinderbetreuerInnen und KindergärtnerInnen zu intensivieren.
- Schulsanierungsprojekte sind vorzuziehen, der unmittelbar beschäftigungswirksame und aus integrations- und sozialpolitischen Gründen längst überfällige Ausbau der Schulsozialarbeit, der schulpsychologischen Dienste, sowie des IntegrationslehrerInnenbereichs voranzutreiben
- Die Ausbildung von qualifiziertem Gesundheits- und Pflegepersonal muss vorangetrieben werden. Über einem aus Steuermitteln finanzierten Pflegefonds sind arbeits- und sozialrechtlich abgesicherte, sowie ordentlich bezahlte Beschäftigungsverhältnisse für PflegerInnen in sozialen Trägervereinen und öffentlichen Pflegeeinrichtungen auszubauen.
- Behebung des Personalnotstandes in sozialen, öffentlichen Einrichtungen wie z.B. Jugendwohlfahrt, Sozialämter, sowie in Einrichtungen der Daseinsvorsorge etc. Gerade in Zeiten der Wirtschaftskrise stehen soziale Einrichtungen, die ohnehin bereits unter einem akuten Personalnotstand leiden vor besonderen und wachsenden Herausforderungen. Ohne massive Personalaufstockung wird diesen Herausforderungen nicht zu begegnen sein.
- Die finanziellen Rahmenbedingungen für Non-Profit-Organisationen im Bereich qualitativ hochwertiger sozialer Dienstleistungserstellung sind deutlich zu verbessern. Förderverträge sollen eine längerfristige Planung – insbesondere auch hinsichtlich der Personalentwicklung – sicherstellen.

• Breitbandoffensive
Die Förderung von Breitbandinternet-Infrastruktur schafft langfristig vor allem auch im ländlichen Raum verstärkte Teilhabe von Menschen am gesellschaftlichen Leben und schafft kurzfristig durch den Ausbau der Infrastruktur beschäftigungswirksame Effekte.

• Maßnahmen im Bereich der Arbeitsmarktpolitik
Längere und qualitätsvolle Programme, die das Nachholen von Bildungsabschlüssen und eine berufliche Umorientierung ermöglichen sind zu forcieren. Über eine „Aktion 10.000“ sind AMS-geförderte, sozialversicherte Jobs bei NGO bzw. NPO in den Bereichen Kultur, Umwelt, Soziales zu schaffen.


Die Wachstumsprognosen für das Jahr 2009 zeigen ein erschreckendes Bild: im Vergleich zum Vorjahr droht das Wachstum – so die OENB-Prognose – um 4 % einzubrechen. Die Zahl der Arbeitslosen droht damit weiter zu steigen und damit auch die Binnennachfrage nachhaltig einzubrechen.

Die bislang von der Bundesregierung geschnürten Konjunkturpaket werden den wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Herausforderungen nicht gerecht. Insbesondere wurden sie zu einem Zeitpunkt beschlossen, als noch Einbrüche von 1 bis 2 % des BIP prognostiziert wurden. Mehrfach wurde daher schon von unterschiedlichsten Seiten ein weiteres Konjunkturpaket – ein Konjunkturpaket III mit den Schwerpunkten Sozialpolitik, Gesundheit, Pflege und Bildung gefordert. So würden höhere soziale Transferleistungen – von einer höheren Nettoersatzrate beim Arbeitslosengeld über eine bedarfsorientierte Mindest- bzw. Grundsicherung bis hin zu einer Ausweitung und Erhöhung der Negativsteuer – die automatischen Stabilisatoren hinsichtlich des Erhaltes der gesamtgesellschaftlichen Nachfrage besser wirken lassen und damit einen wesentlichen Beitrag zur Bekämpfung der Wirtschaftskrise leisten. Zudem braucht es dringend Investitionen in die soziale Infrastruktur, mehr Geld für Bildung, Pflege, Gesundheit. soziale Einrichtungen und Kinderbetreuung. Um entsprechende Investitionen, die oft im kommunalen Bereich angesiedelt sind, zu ermöglichen, braucht es eine Befreiung der Kommunen vom restriktiv wirkenden innerösterreichischen Stabilitätspakt. Über Investitionen in den beschäftigungsintensiven und bisher eher vernachlässigten Sozialsektor soll vor allem die Kaufkraft und Beschäftigung von Frauen gestärkt und qualitativ verbessert werden, und der Betreuungsnotstand beseitigt werden.

Weiters sind zusätzlich Maßnahmen im Bereich der öffentlichen Investitionen gefordert die eine mehrfache gesamtgesellschaftliche Dividende versprechen. Investitionen in den Klimaschutz sind nicht nur beschäftigungsintensiv und wachstumsfördernd sondern bringen eine deutliche finanzielle Entlastung der Haushalte sowie sinkende CO²-Emissionen. Zudem braucht es Schritte in Richtung Ausstieg aus Öl und Gas. Die Förderung erneuerbarer Energien macht dabei ebenso doppelt Sinn. Sie macht Energie billiger und ist ein Investitions- und Konjunkturmotor.