KV-Abschluss im Sozialbereich: Armut trotz Arbeit!
Gestrige Kollektivvertragsabschlüsse im Gesundheits- und Sozialbereich vergrößern die Einkommensschere zu den anderen Branchen
Dabei hat es doch fast kämpferisch begonnen
Der Anfang der Verhandlungen im Gesundheits- und Sozialbereich, erstmals gemeinsam für 3 Kollektivverträge (Sozialwirtschaft Österreich – vormals BAGS, Caritas und Diakonie) geführt, begann mit einem Affront gegen die Gewerkschaften und Beschäftigten. Die Arbeitgeberseite begann die Verhandlungen mit einem Anbot weit unter der Inflationsrate, 1,8% Lohnerhöhung. Und das, obwohl das Einkommen der Branche 20% unter dem Durchschnittseinkommen der Privatbeschäftigten liegt. “Diese Geschäftsführungen zeigen keinerlei Verantwortung für ihre MitarbeiterInnen, und sind als Geschäftsführungen eigentlich nicht tragbar!“ so Stefan Taibl, Betriebsratsvorsitzender der PSZ GmbH in NÖ und für die Auge/UG im Verhandlungsgremium.
Die Sozial- und Gesundheitsbranche hat, neben einem hohen Arbeitsdruck, eine hohe Teilzeitquote und einen hohen Frauenanteil. Und die BetriebsrätInnen berichten immer öfter von akuter Not der Beschäftigten. Gewandtauschbörsen, Delogierungen und ähnliches sind Begleiterscheinungen der Armut trotz Arbeit. 120 000 MitarbeiterInnen sind von diesen Kollektivverträgen betroffen.
Die Gewerkschaften und ihre FunktionärInnen zeigten sich Kampfbereit. Bei der Demo am 30.2.2013 wurde von führenden GewerkschaftsfunktionärInnen und dem Vorsitzenden der GPA-djp noch vollmundig kein Abschluss unter 3% bei sonstigen Kampfmaßnahmen verkündet. Ein Reallohnzuwachs sei nötig.
Abschluss zementiert Armut trotz Arbeit
Der am 4.2. getätigte Abschluss der KV-Verhandlungen mit 2,75%, zeigt sich in keiner Weise geeignet, die Einkommensschere zu verringern, und schon gar nicht, der Armut entgegen zu wirken. Er gehört zu den niedrigsten Abschlüssen, die in jüngster Zeit erzielt wurden. Dabei war das Abstimmungsergebnis innerhalb des großen Verhandlungsgremiums der zuständigen Wirtschaftsbereiche in der GPA-djp und Vida fast schon historisch knapp: „Mit 21 : 19 stimmten die anwesenden BetriebsrätInnen für diesen Abschluss – alle anwesenden AUGE/UG-VertreterInnen stimmten übrigens dagegen.“, erzählt Stefan Taib. Und er konstatiert weiter: „Die vorrangegangenen Diskussionen wurden heiß geführt. Auch über Streikmaßnahmen wurde diskutiert.“
Es besteht weiterhin dringender Handlungsbedarf, um die Situation der Beschäftigten zu verbessern!
„Der Abschluss ist kein Ruhmesblatt für uns und unsere Gewerkschaften, aber auch nicht für die ArbeitgeberInnen, die anscheinend nicht fähig sind, mit den Fördergebern – Bund, Städten und Gemeinden – Tacheles über benötigte finanzielle und personelle Ressourcen zu reden! Viele BetriebsrätInnen sind durchaus zu mehr Kampfmaßnahmen bereit. Und der dringende Handlungsbedarf gegen Armut trotz Arbeit und die Forderung "Soziale Arbeit ist mehr wert!" besteht weiterhin. schließt Taibl als Resümee über die Verhandlungen.