Zugang zu Pflegegeld nicht erschweren!
Antrag an die 173. AK-Vollversammlung am 12. November 2014
Die Vollversammlung der AK Vorarlberg lehnt die von der Bundesregierung angestrebte Erschwerung des Zugangs zu den Pflegegeldstufen eins und zwei ab und fordert den Gesetzgeber auf, für einen Ausbau des Angebots qualitätsvoller und professioneller mobiler Dienste zu sorgen und den Anreiz für pflegebedürftige Menschen, diese in Anspruch zu nehmen, zu erhöhen.
Begründung
Mit einer geplanten Gesetzesänderung will die Bundesregierung den Zugang zu den Pflegegeldstufen eins und zwei deutlich erschweren. Dies wird im Entwurf so begründet: „Durch die demografische Entwicklung und die steigende Lebenserwartung nimmt die Zahl der Menschen mit Pflegebedarf kontinuierlich zu. (…) Auch in den nächsten Jahren ist mit einer stetigen Zunahme der Anzahl der pflegebedürftigen Menschen zu rechnen. (…) Als budgetbegleitende Maßnahme ist vorgesehen, die Zugangskriterien in den Pflegegeldstufen 1 und 2 dahingehend zu ändern, dass jenen Personen, die ab 1. Jänner 2015 einen Antrag auf Gewährung oder Erhöhung des Pflegegeldes stellen, bei Vorliegen der sonstigen Anspruchsvoraussetzungen künftig ein Pflegegeld in Höhe der Stufe 1 bei einem durchschnittlichen monatlichen Pflegebedarf von mehr als 65 Stunden und ein Pflegegeld in Höhe der Stufe 2 bei einem durchschnittlichen monatlichen Pflegebedarf von mehr als 95 Stunden gewährt werden soll.“
Anders formuliert: Weil immer mehr Menschen pflegebedürftig werden, kürzen wir die Leistungen für diese Menschen. Dabei zahlen nicht nur die Pflegegeldbezieher/innen drauf, sondern auch jene, die die Pflegeleistungen erbringen.
Lag die Voraussetzung für den Erhalt eines Pflegegelds der Stufe eins bis 2011 bei 50 Stunden Pflegebedarf im Monat, so soll sie nach Wunsch der Bundesregierung ab 1.1.2015 bei 65 Stunden liegen.
Befremdlich an der beabsichtigten Gesetzesveränderung ist auch der Verweis auf die geringe Inanspruchnahme sozialer Dienste durch Bezieher/innen der Pflegegeldstufen eins und zwei. Die von der Bundesregierung vorgeschlagenen Maßnahmen sind aber in keiner Weise geeignet, diesen Sachverhalt zu verändern. Die Inanspruchnahme qualitätsgesicherter und professioneller Dienstleistungen wird nicht steigen, wenn das Pflegegeld reduziert wird.
Die vorgeschlagene Maßnahme steht auch im Widerspruch zum Arbeitsprogramm der Bundesregierung: „Es gilt, den Betroffenen die Sicherheit zu geben, dass für die individuelle Pflegebedürftigkeit unabhängig von der sozialen Situation eine gute Pflege und Betreuung geboten werden. Die Wahlfreiheit des Pflegesettings, von der häuslichen Pflege durch Angehörige und professionelle Dienste, über betreute Wohnformen bis hin zu Pflegeheimen, muss bedarfsgerecht abgestufte Pflege- und Betreuungsangebote beinhalten. Der Verbleib in der gewohnten Umgebung ist bestmöglich zu fördern, um den Anteil der nicht-stationär betreuten PflegegeldbezieherInnen weiterhin über 80 % zu halten. (…) Der Pflegefonds setzt Schwerpunkte zum flächendeckenden Ausbau von mobilen Diensten und der Tagesbetreuung sowie Maßnahmen zur Beratung und Entlastung pflegender Angehöriger.“
Die von der Bundesregierung angestrebte Erschwerung des Zugangs zum Pflegegeld zielt weder auf eine Verbesserung der Situation der Betroffenen, noch setzt sie Anreize zur Inanspruchnahme professioneller Dienste. Unter dem Strich bleibt nichts übrig als eine Bestrafung der Menschen mit Pflegebedarf.