AUGE/UG zu 'Schuldenbremse': „Fokus auf 'Staatsschuldenkrise' trübt Blick auf wahre Krisenursachen und deren nachhaltige Bewältigung!“
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Alternative, Grüne und Unabhängige Gewerkschaften: Wirtschafts- und Verteilungskrise nicht in 'Staatsschuldenkrise' uminterpretieren!
„Wer wie gelähmt auf die Staatsschuldenentwicklung starrt und einen permanenten 'Staatsnotstand' ausruft, verliert den Blick auf die tatsächlichen Krisenursachen und nachhaltig wirkenden Bewältigungsstrategien. Wurde bislang EU-weit und in Österreich auf tiefgreifende Krisenursachenanalyse und der Entwicklung eines entsprechenden krisenvermeidenden bzw. -bewältigenden politischen Instrumentariums verzichtet, wird dieser Weg mit der Forderung nach einer 'Schuldenbremse' nun munter fortgeschritten. Es gibt einmal mehr falsche Medizin für eine entsprechend falsch diagnostizierte Krankheit, die da 'Staatsschuldenkrise' heißt,“ kritisiert Markus Koza, Bundessekretär der AUGE/UG – Alternative und Grüne GewerkschafterInnen/Unabhängige GewerkschafterInnen und Vertreter der UG-Unabhängige GewerkschafterInnen im ÖGB-Bundesvorstand die drohende Verankerung einer Staatsschuldenbremse in Gesetzes- oder gar Verfassungsrang seitens ÖVP und SPÖ.
Restriktive Sparpolitik a la Schuldenbremse droht Krise zu verschärfen!
„Mit dem Bundesfinanzrahmengesetz gibt es bereits eine restriktiv und vielfach prozyklisch – also wirtschaftliche Entwicklungen verstärkende – wirkende Ausgabenbremse. Mit der auf EU-Ebene beschlossenen, Verschärfung des Stabilitäts- und Wachstumspakts, die ab 2014 eine verpflichtende jährliche Rückführung der Staatsschulden vorsieht, wurden zusätzliche Maßnahmen für 'mehr Ausgabendisziplin' gesetzt, die hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf sozial und ökologisch nachhaltiges Wachstum und Beschäftigung zusätzlich höchst problematisch sind. Wenn jetzt auch noch eine 'Schuldenbremse' eingeführt wird, wird nicht nur 'dreifach gemoppelt', sondern droht für Europa tatsächlich ein verlorenes Jahrzehnt hinsichtlich einer wirtschaftlichen Erholung,“ warnt Koza. „Wohin eine restriktive Ausgabenpolitik führt, zeigt uns gerade Griechenland vor: wer bei öffentlichen Investitionen, bei Sozialleistungen und öffentlichen Transfers spart, reduziert öffentliche wie private Nachfrage und produziert Arbeitslosigkeit und Armut, was teuer ist. Wachstum bricht ein, damit Steuereinnahmen bei gleichzeitig steigenden Ausgaben für Arbeitslosigkeit. Sparmaßnahmen, Wachstumseinbrüche, Wegbrechen von Staatseinnahmen, steigende Armut, Verelendung, steigende Staatsschuld – es ist ein Teufelskreis aus dem so kein Herauskommen ist. Eben: falsche Medizin, falsch dosiert. Und selbiges droht sich nun in immer mehr europäischen Staaten zu wiederholen.“
Steigenden Staatsschulden sind Folge – nicht Ursache – der Krise!
Wieder einmal würden Krisenursachen und Krisenfolgen verwechselt, kritisiert Alternativgewerkschafter Koza: „Von 2008 bis 2010 sind die Staatsschulden – laut AK Studie vom Oktober 2010 – um rund 37 Mrd. Euro gestiegen. Davon sind fast drei Viertel – nämlich rund 27,9 Mrd. Euro unmittelbar auf die Krise zurückzuführen.“ So würde sich nach dieser AK-Untersuchung alleine der Steuerausfalls auf rund 9,4 Milliarden Euro belaufen, 6,2 Mrd. Euro seien zur Eigenkapitalstärkung der Banken aufgewandt worden, 6,4 Mrd. Euro hätten Maßnahmen zur Konjunkturbelebung gekostet. Koza weist zusätzlich darauf hin, dass die Bankenrettung den österreichischen SteuerzahlerInnen bislang laut EU-Statistik einen Verlust von 1,4 Mrd. Euro beschert hätte und keinerlei Sparmaßnahmen bei der steuerlichen Förderung privater Pensionsvorsorge – die sich bereits laut WIFO auf rund 1,3 Mrd. Euro belaufen soll – gesetzt würden. „Statt ständig über 'Schuldenbremsen' und Ausgabekürzungen zu reden, haben endlich diejenigen für die Bewältigung der Krisenkosten aufzukommen, die diese auch verursacht hätten und die von den Rettungsmaßnahmen besonders profitiert hätten. Wir brauchen den Einstieg in ein umfassendes System der Besteuerung von Vermögen, Vermögensübergängen und Vermögenszuwächsen. Die Topverdiener haben zusätzlich über Zuschläge zum Spitzensteuersatz ihren entsprechenden Beitrag zu leisten. Wer Staatshaushalte tatsächlich sanieren und gleichzeitig Krisenursachen angehen will – und die Ungleichverteilung bei Vermögen und Einkommen ist eine der zentralen Krisenursachen – wird ohne grundlegenden Umbau des Steuersystems und entsprechend höherem Steueraufkommen von den Reichen dieses Landes nicht auskommen. Wer 'Schuldenbremsen' verordnet, will vor allem beim Bildungs- und Sozialstaat, bei zukunftsträchtigen Ausgaben sparen. Das ist sozial verantwortungslos und ökonomisch kurzsichtig. Wir brauchen Verteilungsgerechtigkeit im Steuersystem, keine weitere Förderung riskanter Veranlagungsprodukte und strenge Regeln für Finanzmärkte – jedenfalls keine zusätzlichen Schuldenbremsen, nicht in Gesetzes- und schon gar nicht in Verfassungsrang! Das wären die richtigen Schlussfolgerungen aus der Krise,“ schließt Koza.