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Resolution 01 / CETA stoppen, vorläufige Anwendung verhindern

der AUGE/UG - Alternative und Grüne GewerkschafterInnen/Unabhängige GewerkschafterInnen

zur 159. Hauptversammlung der Bundesarbeiterskammer am 22. Juni 2016

Die 159. Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer möge beschließen:

Die Vollversammlung der AK Wien spricht sich entschieden gegen die vorläufige Anwendung des Europäisch/Kanadischen Freihandelsabkommen CETA aus. Die Vollversammlung der AK Wien fordert daher den Nationalrat auf, die Bundesregierung, insbesondere den zuständigen Wirtschaftsminister, durch eine Bindung (durch eine Stellungnahme gemäß Art. 23e Abs. 3 B-VG des Ständigen Unterausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union des Hauptausschusses des Nationalrates) dahingehend feszulegen.
Zusätzlich bekräftigt die Vollversammlung der AK Wien ihre ablehnende Haltung zum Freihandelsabkommen CETA und fordert die österreichischen EP-MandatarInnen, den Nationalrat sowie die Bundesregierung auf, dieser Position beizutreten und entsprechende Aktivitäten zu setzen. Insbesondere

  • sind Sonderklagsrechte für einzelne Gruppen, bzw. privilegierter Eigentumsschutz für ausländische InvestorInnen abzulehnen,
  • ist sicherzustellen, dass für eine Streitschlichtung im Zuge von Investitionen ordentliche Gerichte mit öffentlichen Verfahren, unabhängigen RichterInnen und Instanzenzug zuständig sind,
  • ist sicherzustellen, dass Rechte der Parlamente und BürgerInnen durch Streitschlichtungsverfahren nicht eingeschränkt werden,
  • ist sicherzustellen, dass SteuerzahlerInnen nicht für das Investitionsrisiko von Konzernen, dass sich im Laufe der Geschäftstätigkeit, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ändern könnten, aufkommen,
  • ist sicherzustellen, dass das Vorsorgeprinzip in Europa nicht durch einen sogenannten „wissenschaftsbasierten Ansatz“ abgelöst wird.


Seit Februar diesen Jahres liegt der Text des von der EU-Kommission und der Kanadischen Regierung verhandelten Freihandelsabkommens (CETA) offiziell auf dem Tisch.
CETA enthält ein Investitionsschutzkapitel, welches den umstrittenen Investor-Staat-Klagemechanismus (ISDS/Investor-State Dispute Settlement) vorsieht. Dies dient nicht etwa der Regulierung der Geschäftspraktiken internationaler Investoren, sondern es legt fest, welche Pflichten sich die Staaten auferlegen und welche (Klage-)Rechte den Investoren (Unternehmen) gegeben werden.

Unter dem Druck öffentlicher Kritik ist es seitdem, ohne die Verhandlungen wieder aufzunehmen, zu Nachbesserungen im Vertragstext gekommen.
Ein bilaterales Investitionsgericht (ICS) soll anstelle privater Schiedsgerichte geschaffen werden. Auch wenn dies Verbesserungen mit sich bringt, ändert das nichts am Grundproblem privilegierter Klagsrechte von Investoren gegenüber Staaten, mit ihren weitreichenden Konsequenzen auf die Gesetzgebung in sozial-, umwelt-, arbeits- wie auch steuerpolitischen Belangen. Ein privilegierter Investorenschutz stellt einen gegenüber anderen Gruppen und Personen bedenklich ausgeweiteten und unverhältnismäßigen Eigentumsschutz dar, der es demokratisch gewählten und legitimierten staatlichen Organen angesichts drohender hoher finanzieller Risiken bei Investorenklagen erschwert bis verunmöglicht, Gesetze zur Verbesserung der allgemeinen sozialen, verteilungspolitischen, arbeitsrechtlichen und ökologischen Lage zu beschließen, sollten diese zu Lasten der Gewinnerwartung der Investoren gehen.

Die Schiedsrichter („Members of Tribunal“) sollen für fünf (bei sieben der ersten ernannten Mitglieder für sechs Jahre) ernannt werden. Sie sollen eine pauschale monatliche Vergütung bekommen und die üblichen Tagessätze bei Schiedsgerichtstätigkeit (derzeit 3.000 US-Dollar pro Tag) erhalten.

Der Deutsche Richterbund hat hierzu angemerkt:

„Durch das ICS würde nicht nur die Rechtssetzungsbefugnis der Union und der Mitgliedstaaten eingeschränkt, auch das etablierte Gerichtssystem innerhalb der Mitgliedstaaten und der Europäischen Union würde geändert werden.“

Und weiter:

„Weder das vorgesehene Verfahren zur Ernennung der Richter des ICS noch deren Stellung genügen den internationalen Anforderungen an die Unabhängigkeit von Gerichten (…) Auch die Dauer der Amtszeit von sechs Jahren mit der Möglichkeit einer weiteren Amtsperiode, ein Grundgehalt („retainer fee“) von ca 2.000 € monatlich für Richter der ersten Instanz (…) lassen Zweifel daran aufkommen, ob die Kriterien für die fachliche und finanzielle Unabhängigkeit von Richtern eines internationalen Gerichts erfüllt werden.“

Auf Basis dieser Rechte finden Klagen statt wie die von Vattenfall gegen den deutschen Atomausstieg oder die Klage von Philipp Morris gegen Uruguay wegen Maßnahmen zum NichtraucherInnenschutz.

CETA soll vorläufig in Kraft treten, ohne dass die nationalen Parlamente zuvor grünes Licht gegeben haben. Dies belegt das Protokoll vom EU-Handelsausschuss vom 16.03.2016. Das für Österreich verhandelnde Wirtschaftsministerium will bei dieser Umgehung der nationalen Parlamente zustimmen.

„AT gehe davon aus, dass es sich bei CETA um ein "gemischtes" Abkommen handle und die von der EK vorzulegenden Entwürfe für die erforderlichen Beschlüsse diesem Aspekt Rechnung tragen werden. Einer vorläufigen Anwendung entsprechend der Kompetenzverteilung könne AT zustimmen.“  (Protokoll des EU-Ratsausschuss Handelspolitik vom 16.3.; S.4)

Diese Aussage bedeutet, dass Österreich beabsichtigt, CETA in der vorliegenden Form im Rat zuzustimmen und auch für die vorläufige Anwendung „grünes Licht“  zu geben
Aus einem Gutachten des Deutschen Bundestages (Unterabteilung Europa) geht hervor, dass die vorläufige Anwendung nicht nur für eine Übergangsfrist ein Übergehen des Willens der nationalen Parlamente darstellt. Sie kann eine Aushebelung der Demokratischen Institutionen auf Dauer sein.

In dem Dokument heißt es konkret:
"Das Unionsrecht sieht jedoch keine Regelung für eine Aufhebung des Ratsbeschlusses nach Art. 218 Abs. 5 AEUV im Fall der gescheiterten Ratifikation eines vorläufig anwendbar erklärten völkerrechtlichen Vertrages vor. So gibt es keine Rechtspflicht, die vorläufige Anwendung des Abkommens im Falle des Scheiterns der Ratifikation zu beenden."

Des Weiteren ist das europäisch-kanadische Handels- und Investitionsabkommen CETA sehr gentechnikfreundlich. Es enthält einen eigenen Artikel über die bilaterale Zusammenarbeit über Biotechnologie. Kanada und die EU verpflichten sich in CETA zu Informationsaustausch und weiterer Zusammenarbeit in so kritischen Bereichen wie Zulassungsverfahren, Grenzwerten und dem Umgang mit der Freisetzung von nicht-zugelassenen genmanipulierten Organismen. Das Ziel dieses Dialogs ist ausschließlich die Förderung des Handels und nicht der Schutz von Umwelt und KonsumentInnen oder die Eindämmung der Macht weniger Konzerne über den Saatgutmarkt.

In Art. 25.2 des CETA-Vertragstextes heißt es beispielsweise:

“(b) to promote efficient science-based approval processes for biotechnology products;”

Das Verdrängen des Vorsorgeprinzips durch “wissenschaftlich basierte” (“science based”) Zulassungsverfahren könnte Maßnahmen zum  Schutz der öffentlichen Gesundheit und der  Umwelt  vehement einschränken.

Die Themen und Ziele der Kooperation, die im Vertrag festgeschrieben sind,
zeigen deutlich, dass hier die Interessen die Biotech-Industrie verfolgt werden.

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