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Antrag 10 / Übernahme statt Fremdvergabe! Keine weiteren Privatisierungen und Einsparungen mittels Fremdvergabe im Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV)

der AUGE/UG - Alternative und Grüne GewerkschafterInnen/Unabhängige GewerkschafterInnen

zur 160. Vollversammlung der Arbeiterkammer Wien am 7. Mai 2013

 

mehrheitlich zugewiesen
ÖAAB, FA, GA, Persp., BM, GLB, Türkis, Kom., BDFA: ja
FSG, GA: für Zuweisung

Antragsbearbeitung

 

Die 160. Vollversammlung der Arbeiterkammer Wien möge beschließen:

  • Schluss mit der Privatisierungspolitik im KAV: keine weiteren Ausschreibungen und private Vergabe von Leistungen des KAV an Fremd- bzw. Leiharbeitsfirmen

  • Keine Leiharbeit mehr im gesamten KAV: Übernahme der via Fremdfirmen im KAV beschäftigten LeiharbeiterInnen in ein Dienstverhältnis zur Stadt Wien

  • Keine weiteren Einsparungen von Dienstposten im KAV – egal in welchen Bereichen und Berufsgruppen

  • Keine Umgehung von Dienst- und Arbeitsrechten durch Fremdvergabe, Leiharbeit und Privatisierungen

  • Die Arbeiterkammer Wien fordert überdies das Land Wien als Gesetzgeber auf, das Wiener Personalvertretungsgesetz derart zu verändern, dass die jeweils für die entsprechende Dienststelle zuständige Personalvertretung auch die volle Vertretungskompetenz für bei der Stadt Wien direkt oder durch Fremdvergabe an Auftragsunternehmen der Stadt Wien indirekt überlassenen Leih- bzw. ZeitarbeitnehmerInnen erhält, wenn diese in die Organisation der Dienststellen, Betriebe oder Unternehmungen der Stadt Wien – beispielsweise im KAV – direkt eingebunden sind.

 

Begründung:

 

Das Management des KAV, der rechtlich eine Unternehmung der Stadt Wien ist, beschäftigt über 30.000 Bedienstete der Stadt Wien. Management und Stadtregierung wollen weiter privatisieren und Dienstleistungen in den Spitälern und Geriatriezentren an private Firmen vergeben – ein so genanntes „outsourcing“, eine Auslagerung von Dienstleistungen für die Erbringung von Leistungen des KAV.

 

Im AKH Wien beispielsweise schon langjährige Praxis:

Teilweise seit über 8 Jahren arbeiten ca. 1000 KollegInnen als HausarbeiterInnen, AbteilungshelferInnen, Ver- und EntsorgerInnen, KrankenträgerInnen, OP-GehilfInnen und andere Berufsgruppen im AKH als Leih- bzw. ZeitarbeiterInnen über eine Fremdfirma auf den Stationen Seite an Seite mit Gemeindebediensteten. Größtenteils machen sie die gleichen Tätigkeiten, wie ihre beim KAV beschäftigten KollegInnen.

Trotzdem gelten für sie andere Gesetze und sie haben unterschiedliche Arbeitsverträge. Durch einen "Vergabeskandal", der medial bekannt ist, soll der Vertrag mit der betreffenden Fremd-Leiharbeits-Firma AGO (Akademischer Gästedienst in Österreich GmbH) nicht mehr länger als notwendig verlängert werden und die langjährig im AKH tätigen und erfahrenen KollegInnen zittern nun um ihre Arbeitsplätze und ihre Existenzen.

 

Hinzu kommt, dass sie de facto seit Jahren unter Umgehung des Arbeitskräfteüberlassungs-gesetzes beschäftigt sind – denn darin geregelte Schutzbestimmungen gelten für sie nicht, weil der Auftrag an eine private Leiharbeitsfirma „fremdvergeben“ ist. Auch hat der Betriebsrat kein Recht, in Unterlagen des KAV für die Lohnabrechnung oder Arbeitszeitgestaltung Einsicht zu nehmen, um entsprechende Verhandlungen zur Herstellung gleicher Bedingungen zu führen. Die Personalvertretung ist per Gesetz nicht zuständig für die KollegInnen, denn sie hat nicht die gleichen Vertretungsbefugnisse, wie die betriebliche Interessenvertretung auf Grundlage der Arbeitsverfassung. Diese rechtliche Lücke, insbesondere auch bezogen auf Leih- bzw. ZeitarbeitnehmerInnen, die über Auftragsunternehmen via Fremdvergabe im Magistrat der Stadt Wien oder in ihren Betrieben und Unternehmungen (wie z.B. dem KAV) beschäftigt sind, muss über eine Novellierung des Wiener Personalvertretungsgesetzes endlich geschlossen werden.

 

Am Beispiel AKH wird also recht deutlich, was diese Form der Fremdvergabe, sowie die Zersplitterung der betrieblichen Interessensvertretung in Personalvertretung und Betriebsrat mit unterschiedlichen Vertretungsbefugnissen für die privat angestellten KollegInnen der Fremdfirmen einerseits und für die gemeindebediensteten KollegInnen andererseits heißt: Umgehung von Arbeits- und Dienstrechten, unterschiedliche Arbeitsbedingungen trotz oft gleicher Tätigkeiten und Qualifikationen, unterschiedliche Mitbestimmungsmöglichkeiten der Belegschaftsvertretungen und damit auch Spaltung der Belegschaft, sukzessive Einsparung von Dienstposten und Bedrohung der Arbeitsplätze, sowie letztendlich ein Nach-Unten-Nivellieren der Gehalts- und Arbeitsbedingungen aller im KAV Beschäftigten. Was das für die Versorgung und Qualität der Leistungen für die PatientInnen im KAV bedeutet, ist dabei noch gar nicht erwähnt.

 

Es gibt zahlreiche weitere Beispiele im KAV für bereits durchgeführte bzw. bevorstehende Privatisierungen via Fremdvergabe – beispielsweise im Bereich der Zentralsterilisationen, der Reinigung, der Küchen, der Verwaltungen, der Leistungen von AbteilungshelferInnen, HausarbeiterInnen, Krankenträgern, OP-GehilfInnen usw.

 

Am 1. Gewerkschaftstag der GdG-KMSfB 2011 wurde EINSTIMMIG ein Antrag der Hauptgruppe II (Personal- und Gewerkschaftsvertretung im KAV) unter dem Titel „Eigenleistung vor Fremdvergabe“ beschlossen mit folgendem Beschlusstext: Eigenleistung vor Fremdvergabe“ muss gerade im Gesundheitssektor eine moralische, aber auch ökonomische Verpflichtung sein. Die Qualität der Versorgung kranker, bedürftiger, alter Menschen kann nicht mit dumpinglohnzahlenden Fremdunternehmen gehalten werden. Zahlreiche Studien belegen die letztendliche Verteuerung der Versorgung nach Fremdvergabe und zeigen eklatante Mängel in der interdisziplinären Zusammenarbeit auf. Der 1. Gewerkschaftstag der GdG-KMSfB fordert daher: Eigenleistung vor Fremdvergabe.“ Ein erfreulicher und längst notwendiger Beschluss, der gerade angesichts der beschriebenen Privatisierungs- und Umgehungspraktiken via Fremdvergabe im KAV konsequent verfolgt werden muss. Aber auch die Arbeiterkammer Wien, als gesetzliche Interessenvertretung der ArbeitnehmerInnen im KAV, hat dahingehend eine Verantwortung gegenüber ihrer Mitglieder zu tragen.

 

Der ÖGB hat erfreulicherweise im Leitantrag für den kommenden ÖGB-Kongress im Juni 2013 ebenfalls dieses Thema aufgegriffen. So wird beispielsweise im Kapitel „Internationales. Globale Herausforderungen“ folgendes dargelegt: (…) Zeit- und Leiharbeit expandieren massiv, und es zeichnen sich gewaltige Verdrängungen von unbefristeten und direkten Arbeitsverträgen ab. (…) Menschen in prekären Beschäftigungsverhältnissen haben kaum Möglichkeiten, einer Gewerkschaft beizutreten oder Kollektivverhandlungen durchzuführen. Unternehmen, die sich auf prekäre Beschäftigung verlassen, verschlechtern die Löhne und Arbeitsbedingungen immer weiter, um so ihre Arbeitskosten zu senken und das gesamte Beschäftigungsrisiko auf die ArbeitnehmerInnen abzuwälzen. (…)“

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