Antrag 17 zur 150. Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer am 14.Juni 2012
Antrag zugewiesen (Antragsbearbeitung)
ÖAAB/FCG: ja
FSG, FA: für Zuweisung
Keine Nivellierung bestehender besserer Arbeitsverträge nach unten mithilfe des §41a im BAGS-Kollektivvertrag!
Begründung:
Derzeit wird in der Aidshilfe Wien unter dem Vorwand finanzieller Probleme seitens der verantwortlichen Betriebsleitung der Wechsel von Beschäftigten mit „alten Dienstverträgen“ in den BAGS-KV angestrebt. Die Begründung sind drohende Verluste v.a. aufgrund hoher Lohnkosten von ca. 75 % des Gesamtbudgets. Dazu ist anzumerken, dass die Aids Hilfe Wien zwar unter die Satzung es BAGS-Kollektivvertrag fällt, allerdings noch alte Verträge laut früheren Entgeltvereinbarungen existieren, die für schon langjährig tätige MitarbeiterInnen bessere Entgeltbestimmungen und Grundgehälter beinhalten. Ein Teil der seit der Satzung des BAGS-KV neu eingestellten KollegInnen werden bereits laut BAGS-KV-Schema und nicht mehr nach den alten Vereinbarungen entlohnt.
§41a BAGS-KV wurde eigentlich dazu geschaffen, MitarbeiterInnen in vom BAGS-KV erfassten Betrieben mit alten Lohnschemata die Möglichkeit einzuräumen, sofern die Einstufung in den BAGS-KV irgendwann eine Verbesserung für sie bedeuten würde, einseitig und vor allem freiwillig optieren zu können. Dass diese freiwillige Optierungsmöglichkeit dazu benutzt werden könnte, Betriebe / Vereine, welche aufgrund von Kürzungen bzw. Nicht-Valorisierung öffentlicher Fördermittel unter Finanzierungsproblemen leiden, zu veranlassen, MitarbeiterInnen Optierungsangebote zu machen, welche tatsächlich eine Verschlechterung ihrer bestehenden Verträge bedeuten würde, war von den KV-Parteien sicherlich nicht beabsichtigt.
Für den gegenständlichen Fall der AIDS-Hilfe würde die Zustimmung zu einer „freiwilligen“ Optierung für den Großteil der betroffenen langjährigen und erfahrenen MitarbeiterInnen Nettoeinkommensverluste von durchschnittlich ca. 10 % bedeuten – da § 41 a kein „Einfrieren“ des den BAGS-KV übersteigenden Einkommensteils (die sog. Überzahlung) vorsieht.
Weiters wurden – in derartigen Konfliktfällen ebenfalls nicht unbekannt – im Falle der Nicht-Optierung die Möglichkeit von Kündigungen bzw. Vertragsänderungen („Änderungskündigungen“) angedeutet, was wiederum zur Folge hätte, dass MitarbeiterInnen mit langjähriger Erfahrung und entsprechender Qualifikation, die auch für die Einschulung neuer KollegInnen zuständig zeichnen, verloren gingen, worunter auch die Qualität des Angebots leiden würde.
Für die Arbeiterkammern – die gesetzliche Interessensvertretung der ArbeitnehmerInnen – gilt es klar zu stellen, dass Regelungen in einem Kollektivvertrag nicht dazu benutzt werden dürfen bestehende, besser entlohnte Verträge unter dem tatsächlichen bzw. vermeintlichen Vorwand finanzieller Schwierigkeiten auszuhebeln und nach unten zu nivellieren. Vielmehr ist es Aufgabe der öffentlichen Hand und der Fördergeber, entsprechende finanzielle Rahmenbedingungen sicherzustellen, die sowohl eine KV-konforme Bezahlung (inklusive vereinbarte reale Lohnzuwächse im Rahmen von KV-Verhandlungen) garantieren, als auch die Finanzierung „alter“ Arbeitsverträge. So einer Vorgehensweise muss die Arbeiterkammer und die zuständigen Interessenvertretungen ein klare Absage erteilen, da eine „Vorbildwirkung“ für ähnlich gelagerte Fälle bei Anbietern sozialer Dienstleister zu befürchten ist.
Es wäre für die Arbeiterkammern jedenfalls inakzeptabel und geradezu zynisch, dass ausgerechnet soziale Arbeit im Rahmen drohender Sparmaßnahmen bei den öffentlichen Fördergebern für die Kosten einer Krise aufzukommen hat, für die sie NICHT verantwortlich zeichnet. Schließlich wird die Zahl derer, die in Folge der Krise in Armut, Prekarität und soziales Elend stürzen und die dringend Hilfe und Betreuung sozialer Einrichtungen und sozialer Dienste brauchen, immer größer!
Die 150. Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer möge daher beschließen:
Die 150. Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer lehnt jeden Versuch ab, in allen dem BAGS-KV zugehörigen Betrieben des Sozial-, Pflege- oder Gesundheitsbereichs eine Nivellierung bestehender Verträge nach unten – insbesondere hinsichtlich des Einkommens - mithilfe des § 41 a des BAGS-Kollektivvertrages zu betreiben.
Dies war sicher nicht die Absicht der KV-Parteien, als sie den betreffenden §41a im BAGS-KV als zusätzliche freiwillige Optierungsmöglichkeit für KollegInnen in betreffenden Betrieben geschaffen haben, widerspricht also dem Geist des KV!
Weiteres stellt die 150. Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer klar, dass Regelungen in einem Kollektivvertrag nicht dazu benutzt werden dürfen, bestehende besser entlohnte Verträge unter dem tatsächlichen bzw. vermeintlichen Vorwand finanzieller Schwierigkeiten auszuhebeln und nach unten zu nivellieren.
Die Bundesarbeitskammer fordert die politisch Verantwortlichen und FördergeberInnen im Sozial-, Pflege- und Gesundheitsbereich daher dazu auf, dafür Sorge zu tragen, dass die mit der Durchführung sozialer, Pflege- bzw. Gesundheits-Dienstleistungen beauftragten Anbieter sowohl die entsprechenden kollektivvertraglichen Bestimmungen als auch allenfalls bestehende bessere Vereinbarungen in den Arbeitsverträgen - insbesondere hinsichtlich des Entgeltes – einzuhalten haben.