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Antrag 01 / Forderungen an die künftige Bundesregierung

der AUGE/UG - Alternative und Grüne GewerkschafterInnen/Unabhängige GewerkschafterInnen

zur 154. Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer am 21. November 2013

Antrag mehrheitlich abgelehnt
FA: für Zuweisung
FSG, ÖAAB/FCG: nein

 

Im Jahre Fünf der Krise sind nach wie vor zentrale ökonomische Kenndaten besorgniserregend. Insbesondere die Arbeitslosigkeit hat neue Rekordwerte erreicht, die Krise hat Europa nach wie vor fest im Griff. Die neue Bundesregierung ist aufgefordert, sowohl in Österreich, als auch auf europäischer Ebene einen Kurswechsel in der Wirtschaftspolitik – weg von der ruinösen Austeritätspolitik hin zu einer ökologisch wie sozial nachhaltig wirkenden und verträglichen Krisenbewältigung – herbeizuführen. Insbesondere gilt es dabei, den Sozialstaat und seine Instrumente zu stärken, zentrale Krisenursachen wie Ungleichverteilung und Unterregulierung der Finanzmärkte zu beheben und ArbeitnehmerInnenrechte und wirtschaftsdemokratische Elemente aus- statt abzubauen.


Die 154. Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer möge daher beschließen:
Die Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer fordert die künftige Bundesregierung auf, in der kommenden Legislaturperiode zu folgenden Punkten Maßnahmen zu entwickeln, und ihnen Priorität in der Umsetzung einzuräumen:

Arbeit und soziale Sicherheit

  • Deutliche Anhebung der Nettoersatzrate auf EU-Durchschnitt, zumindest auf 70 % der Berechnungsgrundlage
  • Wegfall der Anrechnung des PartnerInneneinkommen bei der Notstandshilfe
  • Anhebung der bedarfsorientierten Mindestsicherung auf Höhe der Armutsgefährdungsschwelle nach EU-SILC
  • Einrichtung einer unabhängigen und weisungsungebundenen Arbeitslosen- und Sozialanwaltschaft
  • Ein gesetzlicher Mindestlohn von mindestens 8,70 Euro/Stunde, 1.500 Euro/Monat
  • Ein Einkommensschutz für Teilzeitbeschäftigte über Mindestarbeitszeitgrenzen sowie Maßnahmen zur Unterstützung „qualifizierter“ Teilzeit (Teilzeit in Führung, Recht auf Stundenaufstockung bei regelmäßig/dauerhaft erbrachten Mehrstunden, Recht auf Teilzeit mit Rückkehrrecht auf Vollzeit ...)
  • Neue Wege in der aktiven und passiven Arbeitsmarktpolitik, die Arbeitslosigkeit als Strukturproblem begreifen und den Betroffen individuell optimale Angebote stellen, statt die Zumutbarkeitsbestimmungen zu verschärfen

Verteilungsgerechtigkeit

  • Einführung einer allgemeinen Vermögenssteuer
  • Wiedereinführung einer reformierten Erbschafts- und Schenkungssteuer
  • Abschaffung der Steuerprivilegien von Privatstiftungen
  • Reform der Grundsteuer im Sinne einer realistischeren Erfassung und Besteuerung von Immobilienwerten und Schonung kleiner und mittlerer Immobilien
  • Steuerliche Entlastung der Lohneinkommen über Senkung des Einstiegssteuersatzes
  • Verdoppelung der Negativsteuer
  • Anhebung des Spitzensteuersatzes auf 55 % bei Einkommen über 140.000 Euro/Jahr.

Bildung/Wissenschaft

  • Gemeinsame Schule der 6-15jährigen
  • Flächendeckender Ausbau ganztägiger Schulreformen mit entsprechender räumlicher Adaptierung und Schaffung hochwertiger LehrerInnenarbeitsplätze an den Schulen
  • Ausbau der Schulsozialarbeit sowie der schulpsychologischen Dienste, Aufstockung des unterstützenden Lehrpersonals (IntegrationslehrerInnen)
  • Flächendeckender Ausbau ganztägiger, qualitativ hochwertiger Kinderbetreuungs-/-bildungseinrichtungen insbesondere im elementaren Bildungsbereich
  • Moderne und zukunftsorientierte Lehrlingsausbildung
  • Erhöhung der Durchlässigkeit der Bildungseinrichtungen (Lehre – Schule, Lehrabschluss- Universitäten/Fachhochschulen etc.)
  • Offensive zum Nachholen von Bildungsabschlüssen und Ausbau von Qualifizierungsangeboten
  • Förderung des lebensbegleitenden Lernens durch Bildungskonten, Bildungskarenz und Teilzeitbildungskarenz mit Rechtsanspruch
  • Sicherung des freien Hochschulzugangs und einer ausreichenden finanziellen Ausstattung zur Absicherung eines qualitativ hochwertigen Lehr- und Forschungsbetriebs sowie entsprechend bezahlten und arbeits- wie sozialrechtlich abgesicherten Arbeitsverhältnissen an Universitäten und Fachhochschulen
  • Wiederaufstockung der Mittel für außeruniversitäre Wissenschaft und Forschung
  • Keine Kürzung der Ermessensausgaben

Gesundheit und Pflege

  • Nachhaltige finanzielle und strukturelle Absicherung des öffentlichen Gesundheitssystems
  • Verbesserung der Einkommens- und Arbeitsbedingungen im Pflege- und Gesundheitswesen
  • Armut macht krank – daher aktive Armutsbekämpfung durch Existenz sichernde Transferleistungen und eine breite, leicht zugängliche, niederschwellige soziale Infrastruktur
  • Deutliche Aufstockung des Pflegefonds aus Mitteln einer Erbschafts- und Schenkungssteuer zur ausreichenden Finanzierung arbeits- und sozialrechtlich abgesicherter und dem gesellschaftlichen Wert der Arbeit entsprechend bezahlter Arbeitsverhältnisse über professionelle Vereine.
  • Schluss mit der 24-Stunden-Pflege!

Wirtschaft und Umwelt

  • Einrichtung einer staatlichen Übernahme- und Sanierungsgesellschaft („GBI“-Neu)
  • Sicherung öffentlichen Eigentums – keine weiteren Privatisierungen!
  • Neuausrichtung der ÖIAG von einer Privatisierungs- in eine strategische Beteiligungsgesellschaft
  • Verabschiedung eines Bankeninsolvenzrechts unter Beteiligung von EigentümerInnen und Gläubigern in Bankenrettungsmaßnahmen
  • ökologische und soziale Wohnbau- und Sanierungsoffensive, Zweckwidmung der Mittel für Wohnbauförderung
  • Investitionen in öffentliche Verkehrsnetze – insbesondere in den Personennahverkehr, Lückenschluss und entsprechende Anbindung des ländlichen Raums an öffentliche Verkehrsinfrastruktur
  • Reform des Vergabewesens – öffentliche Aufträge sind an hohe betriebliche Sozial-, Umwelt- und Gleichstellungsstandards zu koppeln
  • Investitionen in die Energiewende – Förderung von Energiespar- und Energieeffizienzprogrammen, Ausbau erneuerbarer Energien, Kraft-Wärme-Koppelung ...
  • Einstieg in eine sozial-ökologische Steuerreform – Ökologischen Umbau unterstützen, Ressourcenverbrauch besteuern, Arbeit und ArbeitnehmerInnen entlasten

Europäische Union

  • Keine Zustimmung zu bilateralen „Wettbewerbspakten“ und zur vertraglich verpflichtenden Umsetzung von neoliberalen Strukturreforme
  • Verstärkter Einsatz für die Umsetzung der Finanztransaktionssteuer im Rahmen der erweiterten Zusammenarbeit sowie für Finanzmarktregulierungen auf EU-Ebene
  • Herausnahme langfristiger Investitionen aus den rigiden Regeln des Stabilitäts- und Wachstumspakts
  • Verstärkter Einsatz im Kampf gegen Steueroasen, Steuerhinterziehung und für gemeinsame Mindeststandards bei der Unternehmensbesteuerung um Steuerdumping zu vermeiden
  • Einsatz für Eurobonds und einer Reform des ESM hinsichtlich Transparenz, demokratische Kontrolle und Auflagen im Rahmen von Rettungsmaßnahmen (Wahrung sozialer Stabilität, Erhalt sozialer Sicherungssysteme, Stärkung von Steuergerechtigkeit)
  • Einsatz für ein EU-weites Konjunkturprogramm in erneuerbare Energien, soziale Dienste und den sozial-ökologischen Umbau unseres Industriesystems

Arbeitswelt und Mitbestimmung

  • Modernisierung des ArbeitnehmerInnen-Begriffs
  • Arbeitsinspektorate aufwerten, Verbandsklagen ermöglichen
  • Erarbeitung eines modernen Arbeitsrechts, das sich an realen Lebensentwürfen und Bedürfnissen orientiert – insbesondere unter Einbeziehung „atypischer“ Beschäftigungsformen
  • Rechtsansprüche auf individuelle Auszeiten (Sabbaticals, Bildungskarenzen, Pflegekarenz …) sowie auf Teilzeit mit Rückkehrrecht auf Vollzeit
  • Arbeitszeitverkürzung (Verkürzung der gesetzlichen Wochenarbeitszeit, progressiv steigenden Beiträge zur Arbeitslosen- und Krankenversicherung bei Überstunden etc.)
  • Reform der Arbeitsverfassung: Stärkung betriebsrätlicher Mitbestimmungsrechte bei Ausgliederungen, Umstrukturierungen, bei Gewinnverwendung und Investitionen (Vetorecht).

Gleichstellung

  • Offensive Frauenpolitik – öffentliche Aufträge nur an Unternehmen die aktiv Frauenförderung und Gleichstellungspolitik betreiben. Nutzung der gesetzlichen Mittel und der Förderinstrumente zum Schließen der Einkommensschere zwischen Männern und Frauen
  • Einkommensberichte auch für den öffentlichen Sektor inklusive ausgegliederter Betriebe sowie für Unternehmen ab 50 MitarbeiterInnen.
  • Aktive Frauenförderung (z.B. verpflichtende Quoten) zum Durchstoßen der gläsernen Decke in Wirtschaft, Politik und im Betrieb
  • Förderung von Führung in Teilzeit

Familienpolitik

  • Umsetzung eines einfachen Karenzgeldmodells das sich insbesondere am Einkommen orientiert (einkommensabhängig, mindestens Mindestsicherung) und die partnerschaftliche Aufteilung fördert
  • Einführung eines Papamonats
  • Klares Nein zum Familiensplitting
  • Ausbau von sozialer Infrastruktur und Kinderbetreuungs-/-bildungseinrichtungen statt der steuerlichen Absetzbarkeit und weiterem Ausbau von familienbezogenen Transferleistungen

Integration

  • Zusammenlegen von Aufenthaltserlaubnis und Zugang zum Arbeitsmarkt
  • Gleichberechtigten Zugang von MigrantInnen zu sozialen und familienpolitischen Leistungen (sozialer Wohnbau, Familienbeihilfe, etc.)
  • Herausnahme des Familiennachzugs aus der Einwanderungsquote
  • Einschränkung der Saisonierregelung
  • Einführung eines humanitären Bleiberechts mit allgemeingültigen, nachvollziehbaren Kriterien
  • Öffnung des Arbeitsmarktzugangs für AsylwerberInnen
  • Offensive zu „Integration durch Bildung – Bildung durch Integration“

Chancengerechtigkeit für Menschen mit Behinderung

  • Sicherstellung von barrierefreien Arbeiten
  • Gleichberechtigter Zugang zum Bildungssystem
  • Schaffung bundeseinheitlicher Regelungen hinsichtlich persönlicher Assistenz in allen Lebensbereichen
  • Ausweitung des Behindertengleichstellungsrechtes auf die Bereiche Bildung und öffentlicher Verkehr
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