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Antrag 01 / Arbeit FAIRteilen, Arbeitszeit FAIRkürzen: Für eine umfassende Verkürzung der täglichen und wöchentlichen Arbeitszeit!

der AUGE/UG - Alternative und Grüne GewerkschafterInnen/Unabhängige GewerkschafterInnen
zur 157. Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer am 18. Juni 2015

 

Antrag mehrheitlich zugewiesen
FSG: für Zuweisung
ÖAAB/FCG, FA: nein

 

Die 157. Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer möge daher beschließen:
Die 157. Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer fordert 40 Jahre nach Umsetzung der 40-Stunden-Woche gesetzliche Schritte zu einer umfassenden Verkürzung der wöchentlichen Normalarbeitszeit in Richtung 30-Stunden-Woche sowie der täglichen Normalarbeitszeit in Richtung 6-Stunden-Tag, bei vollem Einkommensausgleich und einem entsprechenden Personalausgleich,

  • weil sich die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen eine umfassende Arbeitszeitverkürzung angesichts des enormen Produktivitätszuwachses (von 1994 bis 2012: + 23,9 %) in den letzten Jahrzehnten bei gleichzeitig stagnierender Reallohnentwicklung (Bruttoreallöhne wuchsen zwischen 1994 und 2012 um 5 %, die Nettoreallöhne fielen sogar um 0,5 %) schon erarbeitet haben (Quelle: AK OÖ),
  • weil nur mit kürzeren täglichen Arbeitszeiten die traditionelle Rollenverteilung zwischen Frauen und Männern und damit die ungerechte Aufteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit aufgebrochen werden kann,
  • weil die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einen Ausgleich für belastende Arbeitsbedingungen brauchen – im europäischen Vergleich gibt es eine hohe Ausprägung der Belastungsfaktoren Arbeitsintensität, Arbeitstempo und Zeitdruck (Quelle: OECD),
  • weil das Unfallrisiko ab der 7./8. Arbeitsstunde ansteigt,
  • weil lange Arbeitszeiten krank machen,
  • weil damit Arbeitsplätze geschaffen werden
  • und weil dadurch Arbeit und einhergehend Einkommen, Chancen und soziale Absicherung gerechter verteilt werden.

Zusätzlich fordert die Bundesarbeitskammer:

  • Maßnahmen zum Abbau von Überstunden – insbesondere über eine Verteuerung  (z.B. über progressiv steigende Zuschläge auf die Arbeitgeberbeiträge zur Kranken-, Arbeitslosen- und Unfallversicherung)
  • Rechtsansprüche auf zeitlich befristete, sozial abgesicherte berufliche Auszeiten (Karenzen) z.B. für Bildung, Betreuung, Pflege oder zur Erholung (Sabbatical, Burn-out-Prävention)
  • 6 Wochen Urlaubsanspruch für alle unselbständig Beschäftigten
  • einen Rechtsanspruch auf Teilzeit in bestimmten Lebensphasen (z.B. Weiterbildung, Kinderbetreuung) mit Rückkehrrecht zu Vollzeit

 

Im Jahresdurchschnitt 2013 waren in Österreich 287.207 Menschen erwerbsarbeitslos; das bedeutet im Vergleich zum Vorjahr einen Anstieg um 10,2 % (arbeitslos vorgemerkte Personen laut Sozialbericht 2013 - 2014 des BMASK). 2014 erreichte die Arbeitslosigkeit in Österreich neue traurige Rekorde und lag in einzelnen Monaten bereits knapp an der 400.000-Personen-Marke, eine Entwicklung die sich krisenbedingt auch 2015 fortsetzt (März: 428.519 arbeitslos gemeldete Personen und SchulungsteilnehmerInnen).

Gleichzeitig war die Zahl geleisteter Überstunden 2013 mit 270 Millionen Überstunden trotz Krise anhaltend hoch. Vollzeitbeschäftigte ArbeitnehmerInnen arbeiteten 2013 durchschnittlich 41,7 Stunden/Woche (Männer: 42,2 Stunden, Frauen: 40,8 Stunden) so viel, wie kaum sonst wo in Europa, deutlich über dem EU-Schnitt (Statistik Austria).

2013 ist die Teilzeitquote auf 26,5 % gestiegen. Bei den Frauen liegt sie bei 45,9 % (Statistik Austria). Die Atypisierung und Prekarisierung der Beschäftigungsverhältnisse schreitet voran: 2013 waren nur noch 50,5 Prozent der rund 4,2 Millionen unselbständig Beschäftigten in einem Vollzeitjob mit kontinuierlicher, durchgängiger Beschäftigungsdauer (Einkommensbericht des Rechnungshofs 2012 und 2013). Der Beschäftigungszuwachs zwischen 2008 und 2013 von 92.200 Personen betrifft de facto nur Teilzeitbeschäftigungsverhältnisse, während Vollzeitstellen gleichzeitig verloren gehen (- 48.000 Personen, Sozialbericht 2013 – 2014).

Auch wegen der hohen Quote von Frauen in Teilzeit und geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen und den dabei erzielten Stundenlöhnen, die deutlich hinter jenen Vollzeit Beschäftigter liegen, ist Armut bis ins Alter hineinreichend vor allem weiblich. In Österreich verdienen Frauen im Durchschnitt aller Beschäftigten in der Privatwirtschaft um 23 % Prozent weniger als Männer (Statistik Austria, Gender Statistik). Österreich liegt damit hinsichtlich der geschlechtsspezifischen Verdienstunterschiede in der EU an zweiter Stelle. Nur in einem Land der EU sind die Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen größer!

Der ungleichen Verteilung der Erwerbsarbeit (die meisten Männer arbeiten Vollzeit und viele von ihnen leisten Überstunden, fast die Hälfte der Frauen arbeiten Teilzeit) entspricht die ungleiche Verteilung von unbezahlter Arbeit zwischen den Geschlechtern: insgesamt wird die unbezahlte Arbeit zu zwei Dritteln von Frauen erbracht, bei erwerbstätigen Frauen liegt der Anteil immer noch bei 62,6 %.

Vor vierzig Jahren fand die letzte allgemeine, gesetzliche Arbeitszeitverkürzung auf 40 Stunden wöchentlich, 8 Stunden täglich statt. Ein langjährige Forderung der ArbeiterInnenbewegung wurde damals umgesetzt. Vierzig Jahre später ist es höchste Zeit, weitere Schritte in Richtung einer gerechteren Verteilung von Arbeit, Zeit und Geld zu setzen.

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