Antrag 03 / Für eine langfristige Finanzierung von Pflege durch vermögensbezogene Steuern, insbesondere aus einer reformierten Erbschaftssteuer
der AUGE/UG - Alternative und Grüne GewerkschafterInnen/Unabhängige GewerkschafterInnen
zur 157. Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer am 18. Juni 2015
Antrag mehrheitlich angenommen
FSG: ja
ÖAAB/FCG, FA: für Zuweisung
Die 157. Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer möge daher beschließen:
Die Bundesarbeitskammer fordert
- Einführung vermögensbezogener Steuern – insbesondere einer reformierten Erbschafts- und Schenkungssteuer – zur solidarischen Finanzierung von Pflegeleistungen
- Pflege muss als Kernkompetenz des Staates verstanden werden
Die Finanzierung von Pflege wird neben dem Umgang mit Arbeitslosigkeit bzw. einer Reorganisation von Arbeit das herausfordernde gesellschaftspolitische Thema in Österreich sein. Fragen, wie die letzte Lebensphase gestaltet werden kann, bewegen naturgemäß immer mehr Menschen in unserem Land. Zu wissen, dass es hier gesicherte, die eigene Situation berücksichtigende Lösungen gibt, schafft Vertrauen.
Zur Zeit passiert das Gegenteil. Durch den Pflegefonds ist die Finanzierung der Pflege bis 2018 gesichert. Allerdings bildet der Pflegefonds lediglich die aktuelle Situation ab, ohne die künftigen Bedarfslagen zu berücksichtigen. Alle demographischen Prognosen diagnostizieren jedoch einen steigenden Pflegebedarf in der österreichischen Bevölkerung. Nicht ausreichend berücksichtigt wird , inwieweit Frauen auch in Zukunft bereit und in der Lage sein werden, informelle Pflegeaufgaben zu übernehmen. Es ist nicht zu erwarten und nicht erstrebenswert, dass der hohe Prozentsatz an pflegenden Angehörigen - dabei handelt es sich überwiegend um Frauen - konstant bleiben wird. Laut einer AK Studie pflegen 436.000 Menschen regelmäßig hilfsbedürftige Verwandte oder Bekannte.
Um einen positiven Turnaround im Pflegebereich zu erreichen und diesen Bereich als Beschäftigungsmotor zu entwickeln, müssen sich Arbeitsbedingungen und Entlohnung deutlich verbessern. Der Staat sollte Pflege als eine seiner Kernaufgabe sowohl was deren Finanzierung als auch die Leistungserbringung anbelangt – betrachten. Vermögenssteuern müssen vor diesem Hintergrund diskutiert werden. Michael Chalupka (Direktor, Diakonie Österreich) hat in der Pressestunde zu Recht darauf hingewiesen, dass z.Z. bereits Vermögen zur Finanzierung von Pflegeleistungen herangezogen wird. Und zwar gibt es eine individuelle 100%ige „Vermögenssteuer“ für pflegebedürftige Menschen, das diese ihr gesamtes Vermögen verwerten müssen, um in den Genuss von Pflegesachleistungen zu kommen. Eine „Vermögenssteuer“, die weder dem Prinzip der Verteilungsgerechtigkeit noch dem Leistungsfähigkeitsprinzip entspricht und insbesondere Gruppen mit geringem Vermögen trifft.
Eine Finanzierung von Pflege aus vermögensbezogenen Steuern - insbesondere aus einer solidarischen, allgemeinen Erbschaftssteuer - im Verantwortungsbereich des Staates hat mehrere gesellschaftspolitische Effekte:
- Rückgang der Erwerbsarbeitslosigkeit
- Steigender Stellenwert von Pflege
- Im Pflegesektor können gut bezahlte, qualifizierte Arbeitsplätze entstehen
- Die Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Freizeit wird deutlich erleichtert
- Gute Pflege hat positive Auswirkungen auf den Gesundheitszustand älterer Menschen
- Arm – Reich Schere wird reduziert und Pflegeleistungen solidarisch finanziert
- Auch vermögende Menschen könnten diese Steuer vermutlich als sinnvoll empfinden – ein Konsens wäre erreichbar