Antrag 11 / Trade in Services Agreement (TiSA)
der AUGE/UG - Alternative und Grüne GewerkschafterInnen/Unabhängige GewerkschafterInnen
zur 157. Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer am 18. Juni 2015
Antrag einstimmig angenommen
Die 157. Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer möge beschließen:
Die Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer fordert die österreichische Bundesregierung, die Abgeordneten zum Nationalrat und die österreichischen Abgeordneten zum Europäischen Parlament auf :
keinem Handelsabkommen zuzustimmen, durch die die politischen Handlungsspielräume für die Erbringung, Regulierung und Finanzierung öffentlicher Dienstleistungen eingeschränkt werden;
sich für einen sofortigen Stopp der Verhandlungen zum plurilateralen Handelsabkommen TiSA einzusetzen;
für einen grundlegenden Kurswechsel der EU-Handelspolitik – Verankerung von Sozial- und Umweltstandards, Sicherstellung von ArbeitnehmerInnenrechten, Herausnahme der öffentlichen Daseinsvorsorge aus dem Anwendungsbereich etwaiger Freihandelsabkommen – einzutreten.
TiSA zielt auf eine weitgehende, irreversible Liberalisierung, Kommerzialisierung und Privatisierung des Dienstleistungssektors ab. Alle öffentlichen Dienstleistungen, die existenzwichtige Aufgaben erfüllen und für alle BürgerInnen universell verfügbar sein müssen, sind davon betroffen: Bildung, Energieversorgung, Wasser, Transporte, öffentlicher Verkehr, Post, Telekommunikation, Kultur und Freizeit, Abfallwirtschaft, Alterspflege und nicht zuletzt der elementare Gesundheitsbereich.
Gegenüber dem in Geltung stehenden GATS bringt TiSA, das derzeit hinter verschlossenen Türen außerhalb der herkömmlichen WTO-Gremien als Nachfolge- bzw. Ergänzungsabkommen verhandelt wird, eine grobe Verschärfung des
Liberalisierungs- und Vermarktungsdrucks sowie eine massive Einschränkung des politischen und rechtlichen Gestaltungsspielraums – insbesondere durch folgende Punkte:
statt des bisherigen Standards „Positivlistenansatz“ (liberalisiert wird das, was explizit verpflichtet ist) soll in wichtigen Bereichen des Abkommens ein „Negativlistenansatz“ zum Einsatz kommen („list it or lose it“ — was nicht ausgenommen ist, muss voll liberalisiert werden);
Staaten müssen den zum Zeitpunkt des Inkrafttretens erreichten Status der Liberalisierung beibehalten und können die betroffenen Bereiche nicht wieder re-regulieren („Stillhalteklausel“);
alle zukünftig (nach Implementierung des Abkommens) getätigten Liberalisierungs- oder Privatisierungsschritte – seien diese freiwillig oder durch TiSA verpflichtend erfolgt – sind irreversibel und werden fortlaufend festgeschrieben („Ratchetklausel“).
Öffentliche Dienstleistungen sind existenzsichernd und keine beliebigen Handelsgüter! Die grundlegenden Interessen der BürgerInnen und die Gestaltungsmöglichkeiten der Demokratie müssen gewahrt bleiben!