Mitgliederantrag / Gleiche Rechte für alle ArbeitnehmerInnen
Antrag zum vierten GPA-djp-Bundesforum, November 2015
Mitgliederantrag von UNDOK.
Seit über einem Jahr besteht die von der GPA-djp mitgetragene »Anlaufstelle zur gewerkschaftlichen
Unterstützung undokumentiert Arbeitender (UNDOK)«.
Als Bundesforum der GPA-djp beschließen wir,
die folgenden Forderungen der UNDOK-Anlaufstelle zu unterstützen:
Präambel / Einleitung: Gleiche Rechte für alle ArbeitnehmerInnen
1. Wer rechtmäßig in Österreich lebt, soll Zugang zum Arbeitsmarkt haben
2. Erleichterung der Nachweisbarkeit von Arbeitsverhältnissen – Beweislastumkehr
3. Gleichstellung von arbeitsrechtliche Verfallsfristen – Ausdehnung der Verfallsfrist für arbeitsrechtliche
Ansprüche auf drei Jahre
4. Gesicherter Aufenthalt während arbeitsrechtlichen Verfahren
5. Umsetzung des Rechts auf Parteienstellung für ArbeitnehmerInnen, für die eine
Beschäftigungsbewilligung beantragt wird
6. Abschaffung der Bestrafung von undokumentiert Arbeitenden bei Nichteinhaltung von gesetzlichen
Pflichten durch ArbeitgeberInnen
Präambel / Einleitung: Gleiche Rechte für alle ArbeitnehmerInnen
Migrations- und Beschäftigungsgesetze verwehren oder beschränken MigrantInnen den Zugang zum
Arbeitsmarkt. Zum aktuellen Zeitpunkt gibt es in Österreich 28 verschiedene Aufenthaltsberechtigungen,
die in den meisten Fällen mit einem beschränkten oder keinem Arbeitsmarktzugang verbunden sind. Die
Beratungspraxis der Anlaufstelle zur gewerkschaftlichen Unterstützung undokumentiert Arbeitender
(UNDOK) zeigt, dass MigrantInnen dadurch in die informellen Sektoren des Arbeitsmarkts sowie die
Scheinselbstständigkeit gedrängt werden und daher auf undokumentierte Arbeit angewiesen sind.
Undokumentierte ArbeitnehmerInnen werden von ArbeitgeberInnen um den Lohn betrogen. Es werden
keine kollektivvertraglichen Mindestlöhne bezahlt, sie müssen exzessive Arbeitszeiten in Kauf nehmen,
ArbeitgeberInnen halten weder Arbeitszeit- noch ArbeitnehmerInnenschutzstandards ein, es kommt auch
zu sexuellen und anderen körperlichen Übergriffen. Unternehmen und ArbeitgeberInnen betreiben Lohn-
und Sozialdumping, indem sie Kollektivverträge unterwandern und das Sozialsystem sukzessive
aushöhlen.
1. Wer rechtmäßig in Österreich lebt, soll Zugang zum Arbeitsmarkt haben
Die Diskriminierung beim Zugang zum Arbeitsmarkt führt zur Überausbeutung von undokumentierten
ArbeitnehmerInnen und in Folge auch zu einer Schwächung der Position aller ArbeitnehmerInnen. Sie ist
einer der wesentlichen Gründe für die Ausweitung von Scheinselbstständigkeit und die
Ungleichbehandlung von MigrantInnen in der Arbeitswelt. Die Beratungspraxis der UNDOK-
Anlaufstelle unterstreicht, dass es hier vor allem eine umfassende Vereinfachung braucht.
Daher fordern wir:
- Mit Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung für Österreich muss automatisch ein uneingeschränkter Zugang zum Arbeitsmarkt einhergehen;
- Sofortige Aufhebung des Bartenstein-Erlasses;
- Uneingeschränkter Arbeitsmarktzugang für AsylwerberInnen nach längstens 3 MonatenWartezeit;
- Ziel muss es sein, unabhängig vom Aufenthaltsstatus menschenwürdige Beschäftigungsformen herzustellen.
2. Erleichterung der Nachweisbarkeit von Arbeitsverhältnissen – Beweislastumkehr
Um den Nachweis über ein bestehendes Dienstverhältnis erbringen zu können, benötigen
ArbeitnehmerInnen in Ermangelung schriftlicher Dienstverträge und ordnungsgemäßer Lohnunterlagen
u.a. handschriftliche Arbeitszeitaufzeichnungen, Informationen über das betreffende Unternehmen bzw.
den/die ArbeitgeberIn, Beweise, wie etwa Fotos, SMS mit Dienstanweisungen und Namen von
ZeugInnen. Für undokumentierte KollegInnen ist es oftmals wesentlich schwieriger diese Beweismittel
beizuschaffen, da sie auf Grund ihrer hohen Ausbeutbarkeit und besonderen Erpressbarkeit zusätzlich
unter Druck stehen. Vor dem Hintergrund unserer Beratungspraxis wissen wir, dass es daher gerade für
undokumentierte ArbeitnehmerInnen doppelt schwierig ist, ihr Dienstverhältnis nachzuweisen.
Wir fordern daher analog zum Anti-Diskrimierungs- und Kündigungsanfechtungsrecht eine
Beweislastumkehr. Das bedeutet, sofern ArbeitnehmerInnen glaubhaft machen können, dass sie bei
einem/r bestimmten ArbeitgeberIn gearbeitet haben, muss diese/r ArbeitgeberIn das Gegenteil beweisen,
andernfalls gilt das Dienstverhältnis als angenommen.
3. Gleichstellung von arbeitsrechtliche Verfallsfristen – Ausdehnung der Verfallsfrist für
arbeitsrechtliche Ansprüche auf drei Jahre
In vielen Branchen, in denen undokumentiert gearbeitet wird, gibt es sehr kurze Verfallsfristen. Häufig
verfallen arbeitsrechtliche Ansprüche bereits nach drei Monaten und bevor die Betroffenen diese geltend
machen können. Insbesondere während eines aufrechten Dienstverhältnisses ist die Geltendmachung
offener Ansprüche oft nicht zumutbar und mit hohen Risiken gerade für undokmentiert Arbeitende
verbunden. Kurze Verfallsfristen betreffen ArbeitnehmerInnen unabhängig davon, ob sie mit oder ohne
Papiere arbeiten. Aus unserer Beratungspraxis haben sich kurze Verfallsfristen, vor allem in
Niedriglohnbranchen, als ein großes Problem herausgestellt, da die Beschäftigten dadurch viel Geld
verlieren, das ihnen eigentlich zustünde.
Analog zur Forderung der Arbeiterkammern fordern wir die Abschaffung von Verfallsfristen von unter
drei Jahren. Damit käme die im ABGB festgesetzte dreijährige Verjährungsfrist zum Tragen. Darüber
hinaus soll die Frist frühestens nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu laufen beginnen.
4. Gesicherter Aufenthalt während arbeitsrechtlichen Verfahren
Um arbeits- und sozialrechtliche Ansprüche geltend machen zu können, müssen undokumentiert
Arbeitende eine persönliche Aussage bei der zuständigen Gebietskrankenkasse (Niederschrift) oder bei
Gericht machen. Aufgrund der besonderen Erpressbarkeit dieser ArbeitnehmerInnen angesichts ihrer
aufenthaltsrechtlich unsicheren Situation, stellt dies jedoch für viele undokumentierten
ArbeitnehmerInnen eine immense Hürde dar. Laut der EU-Sanktionenrichtlinie müssen
Drittstaatsangehörige, die von ArbeitgeberInnen ausgebeutet werden, die Möglichkeit erhalten, ihre
arbeitsrechtlichen Ansprüche einfordern zu können.
Unsere Beratungspraxis zeigt, dass diese Verpflichtung jedoch in Österreich nach wie vor nicht umgesetzt
ist. Wir fordern daher mindestens für die Dauer eines arbeits- und/oder sozialrechtlichen Verfahrens einen
Aufenthaltstitels für die Betroffenen und deren Angehörige.
5. Umsetzung des Rechts auf Parteienstellung für ArbeitnehmerInnen, für die eine
Beschäftigungsbewilligung beantragt wird
Ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin, deren ArbeitgeberIn einen Antrag auf
Beschäftigungsbewilligung für ihn/sie stellen muss, hat laut Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG)
keine Parteienstellung im Verfahren um Ausstellung der Beschäftigungsbewilligung.
Unsere Beratungspraxis zeigt, dass dies immer wieder zu Problemen führt. Für betroffene
ArbeitnehmerInnen bedeutet dies oftmals ein fehlendes Wissen über ihren rechtlichen Status am
Arbeitsmarkt. Die Folge ist, dass ArbeitnehmerInnen gegebenenfalls undokumentiert arbeiten, ohne es
jedoch zu wissen, oder in Extremfällen sogar aufgrund Vorspiegelung falscher Tatsachen durch
ArbeitgeberInnen, davon ausgehen, dass eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde.
Wir fordern daher die Umsetzung des Rechts auf Parteienstellung gemäß der Judikatur des Europäischen
Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR).
6. Abschaffung der Bestrafung von undokumentiert Arbeitenden bei Nichteinhaltung von
gesetzlichen Pflichten durch ArbeitgeberInnen
ArbeitnehmerInnen dürfen nicht für die Nichteinhaltung von gesetzlichen Pflichten ihrer
ArbeitgeberInnen bestraft werden. Das AMS erteilt keine Beschäftigungsbewilligung für
ArbeitnehmerInnen, deren frühere ArbeitgeberInnen die Einholung einer solchen unterlassen haben,
wodurch die betroffenen ArbeitnehmerInnen mehrfach undokumentiert gearbeitet haben. So etwa im
Falle mehrmaliger An- und Abmeldung bei der Gebietskrankenkasse, wenn die ArbeitgeberInnen keine