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Antrag 5 zur 147. Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer am 25. November 2010

Antrag zugewiesen
ÖAAB: nein
FSG, FA: für Zuweisung

Undokumentiert Arbeiten: Arbeitsrechte ausbauen zum Schutz aller abhängig Arbeitenden


Lohnarbeit ohne jede Form der sozialen Absicherung und rechtlichen Regulierung, verheerende Arbeitsbedingungen und Überausbeutung bis hin zu Fällen von Lohnbetrug und Übergriffen seitens der Vorgesetzten: Das, was wie eine Beschreibung von Zuständen in Fabriken zu Beginn der Industrialisierung klingt, ist auch heute innerhalb der kapitalistischen Zentren für viele Menschen eine Realität, der sich auch Gewerkschaften stellen müssen.

MigrantInnen, denen aufgrund ihres Aufenthaltsstatus der Zugang zu den formellen Sektoren des Arbeitsmarkts versperrt ist und die sich deshalb in seinen informellen Sektoren verdingen müssen, scheinen sich in einer Grauzone aus völliger Willkür und Rechtlosigkeit zu bewegen. Undokumentiertes Arbeiten – d.h. Arbeiten ohne Arbeitspapiere – betrifft sowohl Personen ohne als auch mit legalem Aufenthaltstatus in Österreich, z. B. bei StaatsbürgerInnenschaft „neuer“ EU-Länder, Aufenthaltsbewilligung durch das ordentliche Studium an einer österreichischen Hochschule, Fehlen der Beschäftigungsbewilligung aufgrund des Verschuldens der BetriebsinhaberInnen, etc.

Die soziale und rechtliche Diskriminierung undokumentiert abhängig Arbeitender machen diese jedoch nicht nur erpressbar und ausbeutbar, sie führen auch dazu, dass die sozial- und kollektivvertragsrechtlichen Standards unterminiert werden. Die Ausbeutung und rechtliche Schutzlosigkeit von undokumentiert abhängig Arbeitenden führen daher zu einer Schwächung der Position aller abhängig Beschäftigten in Österreich.

Dass dem nicht so sein muss, zeigen neuere Entwicklungen in Deutschland. Dort hat die Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) in jüngster Zeit in Kooperation mit zivilgesellschaftlichen Organisationen und Einrichtungen an mehreren Standorten gewerkschaftliche Anlaufstellen für Menschen in prekären (Aufenthalts- und/oder) Arbeitssituationen eingerichtet, um Beratung in sozial- und arbeitsrechtlichen Belangen sowie Unterstützung bei der Durchsetzung von Rechten anzubieten. Die Rechtslage in Deutschland macht es möglich, dass undokumentiert Arbeitende nicht die leicht ausbeutbare Konkurrenz gegenüber legal Beschäftigten sein müssen. Mit Unterstützung von ver.di konnten vor dem Arbeitsgericht bereits Erfolge erzielt und damit gegenüber der ArbeitgeberInnenseite Exempel von gesamtgesellschaftlicher Relevanz statuiert werden. Auch in Österreich ist es Zeit, umzudenken und gegenzulenken.

Die Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer fordert daher:

1. Keine Bereicherung und Wettbewerbsvorteile für ArbeitgeberInnen durch die Beschäftigung von undokumentiert Arbeitenden.
2. Lohnarbeit darf nicht von Rechten entkoppelt sein: Erwerb von Rechten durch Arbeit – für alle abhängig Arbeitenden und zum Schutz aller abhängig Arbeitenden!
3. Kein Unterminieren von sozial- und kollektivvertragsrechtlichen Standards!
4. Änderung der österreichischen Rechtslage, sodass bei undokumentierter Arbeit nicht nur im Fall von Lohnbetrug rechtliche Schritte gegen ArbeitgeberInnen („Bereicherungsdelikt“) möglich sind, sondern auch darüber hinaus Ansprüche wie auf Grund eines gültigen Arbeitsvertrages bestehen, z.B.:
-         Kündigungs- und Entlassungsschutz: Lohnentgang durch nicht eingehaltene Kündigungsfristen muss einklagbar sein.
-         ArbeitgeberInnen müssen im Rechtsstreit auch zur nachträglichen Zahlung der sonst anfallenden Lohnnebenkosten verpflichtet werden können: Beiträge zur Kranken-, Unfall-, Pensions- und Arbeitslosenversicherung, MitarbeiterInnenvorsorge, Abgaben, Steuern, etc.
5. Keine Ausweisung oder Abschiebung von undokumentiert Arbeitenden während eines laufenden Rechtsstreits! Die Durchsetzung von Arbeitsrechten darf nicht durch fremdenpolizeiliche Maßnahmen erschwert oder verhindert werden.
6. Schaffung der Vorraussetzungen, dass undokumentiert Arbeitende sowie grundsätzlich auch Personen ohne Aufenthaltspapiere Mitglied im ÖGB werden können.
7. Schaffung der Vorraussetzungen für adäquate gewerkschaftliche Organisierungsformen von undokumentiert arbeitenden Menschen die auch der Lebensrealität von Menschen ohne festen Aufenthalt oder dokumentierten Arbeitsstatus entsprechen.
8. Kein Ausspielen von abhängig Arbeitenden gegeneinander aufgrund von Aufenthalts- und/oder Arbeitsverhältnissen! Rechte ausbauen! Solidarität stärken!

Download: BAK AUGE Antrag 5 UndokumentiertArbeiten_NN

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