Antrag 03 / Abschaffung §§ 10 + 11 AlVG
Antrag 3 der AUGE/UG Alternative und Grüne GewerkschafterInnen/Unabhängige GewerkschafterInnen zur 144. Vollversammlung der AK-Wien am 17. Mai 2006
Antrag zugewiesen (Ausschuss Arbeitsmarkt und Integration/Ausschuss für Frauenarbeit und Frauenpolitik)
BM, BDFA, GLB: Ja
ÖAAB: Nein
FSG, FA, GA: für Zuweisung
Die Vollversammlung der AK-Wien beschließt, sich dafür einzusetzen, dass die §§ 10 und 11 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes (AlVG) (Sperre des Leistungsbezuges) abgeschafft werden.
Die Arbeitslosenversicherung soll die materielle Existenzsicherung während der Zeit der Erwerbslosigkeit sicherstellen. Eine Sperre des Arbeitslosengeldes bzw. Notstandshilfe ist tendenziell existenzgefährdend.
Seit 1990 sind die vom AMS ausgesprochenen Sperren um das 5,6-fache explodiert. Wurden vor sechzehn Jahren 2.855 Fälle gezählt, bei denen keine Leistung ausbezahlt wurde, so waren es 2005 bereits 15.979. 15.979 Menschen, die über mehrere Wochen über kein Einkommen verfügen – und in den meisten Fällen wohl auch über keine Ersparnisse, um die laufenden Fixkosten zu tilgen.
Die Sperren nach § 10 AlVG erwecken mehr und mehr den Eindruck, im Dienste des Neoliberalismus missbraucht zu werden (z.B. als Mittel zum Lohndumping) und verkommen mehr und mehr zu Strafparagrafen. So werden etwa auch arbeitsmarktpolitisch sinnvolle Eigeninitiativen, zum Beispiel die Teilnahme an selbst gewählten Schulungen bestraft, selbst wenn vom AMS keine Alternative angeboten werden kann. Die wahrheitsgemäße Angabe einer Lohnpfändung beispielsweise gilt als Vereitelung, während das Verschweigen derselben ein Entlassungsgrund wäre.
Die Volksanwaltschaft stellt immer wieder fest, dass die Verhängung von Leistungssperren rechtswidrig erfolgte und vermutet, dass den „intensiven Vermittlungsbemühungen des AMS“ offensichtlich „keine ausreichenden und entsprechenden Stellen“ gegenüber stehen.
Nach einer Erhebung der AK-Oberösterreich gaben mehr als zwei Drittel der Befragten an, dass ihnen die verordnete AMS-Maßnahme nicht geholfen hätte. Diese Beurteilung fällt mit steigendem Alter der Befragten immer schlechter aus. Die AK-Oberösterreich fordert daher: Motivation statt Sanktion – Unterstützung statt Druck!
Die menschenunwürdige Überprüfung der Arbeitswilligkeit und daraus resultierende Sanktionsmöglichkeiten beeinträchtigen auch die Entwicklung des Arbeitsmarktservice zum modernen Dienstleistungsbetrieb, führt ebendort im Umgang mit den KundInnen zu vorprogrammierten Konflikten und vernichtet somit hochwertige Beratungskapazitäten. Weiterbildung und Umschulung unter Androhung von Sanktionen ist kontraproduktiv. Vielmehr sollte ein Recht auf Weiterbildung und Umschulung gesetzlich festgeschrieben werden.
§11 AlVG regelt den vierwöchigen Ausschluss vom Bezug des Arbeitslosengeldes bei Selbstkündigung bzw. Entlassung.
2006 ist von der EU zum Europäischen Jahr der Mobilität erklärt worden. Das AMS gibt dazu an: „Beruflich mobile ArbeitnehmerInnen kommen mit Veränderungen in der Regel besser zurecht als andere. Ein Arbeitsplatzwechsel kann dazu beitragen, neue Kenntnisse und Fertigkeiten zu erwerben und damit wieder leichter einen neuen Arbeitsplatz zu finden.“
Genau dieses Ansinnen aber wird durch §11 AlVG konterkariert.
Arbeitslosengeld ist eine Versicherungsleistung. Die zu gleichen Teilen Beitragsleistenden werden zunehmend ungleich behandelt: die ArbeitgeberInnen lukrieren Rechte und finanzielle Förderungen, den arbeitslosen ArbeitnehmerInnen bleiben die Pflichten – und Sanktionen.