Antrag 9 / MINDESTEINKOMMEN, MAXIMALDAUER & SOZIAL- UND ARBEITSRECHTLICHE MINDESTSTANDARDS FÜR ALLE PRAKTIKA
zur 150. Vollversammlung der AK-Wien am 1. April 2009
Antrag zugewiesen (Ausschuss f. Allgemeine Sozialpolitik, Arbeitsrecht und Rechtspolitik/ Ausschuss f. Bildung und Kultur)
GA, BM, BDFA, GLB: JA
FSG, ÖAAB, FA: für Zuweisung
Daher fordert die Vollversammlung der AK-Wien
- Ein Mindesteinkommen für alle Praktika in der Höhe von mind. EUR 800,-- netto pro Monat
- Eine Beschränkung von Praktika auf die maximale Dauer von 5 Monaten
- Die gesetzliche Verankerung von sozial- und arbeitsrechtlichen Mindeststandards für PraktikantInnen bzw. den PraktikumsanbieterInnen
- Die Einbindung von Praktika in den Kollektivvertrag
- Die Einführung eines Stipendiensystems für Praktika im NGO-Bereich
- Qualitätsstandards für Praktika, die garantieren dass es für die PraktikantInnen zumindest eine Ansprechperson, eine Einschulung sowie Feedback und ein Zeugnis gibt
- Praktika dienen der (Aus)bildung – sie dürfen keine Billigarbeit für Unternehmen sein!
Praktika sind heute nahezu unumgänglich für viele Studierende bzw. AbsolventInnen, da ArbeitgeberInnen Arbeitserfahrung einfordern. Was aber eigentlich der Aus- bzw. Weiterbildung dienen soll, ist für viele Studierende eine unzumutbare finanzielle Belastung und Ausbeutung durch die Unternehmen – prekär, unterbezahlt und unversichert leisten sie Arbeiten, die nicht ihren Qualifikationen entsprechen und von einem Ausbildungsverhältnis denkbar weit entfernt sind.
JedeR Studierende in Österreich absolviert durchschnittlich drei Praktika während oder nach dem Studium, davon mindestens eines unbezahlt. Häufig erfolgt diese Arbeit ohne Vertrag. Es werden bis zu 40 Wochenstunden gearbeitet, jedeR Siebente macht sogar Überstunden während des Praktikums. Gesetzlich verankerte sozial- und arbeitsrechtliche Mindeststandards (z.B. Krankenversicherung) werden von den Unternehmen mit dem Hinweis, es handle sich nur um ein Praktikum, umgangen.
PraktikantInnen gelten in vielen Unternehmen als Billig- oder Gratisarbeitskräfte, Das geht an der Idee eines Praktikums weit vorbei: Ein Praktikum soll der Ausbildung und der Umsetzung von Gelerntem in der Praxis dienen. PraktikantInnen sollen Tätigkeiten entsprechend ihrer Ausbildung ausüben, und dafür entsprechend entlohnt werden. Außerdem muss es auf jeden Fall eine zentrale Ansprechperson für die PraktikantInnen in einem Unternehmen geben , ebenso eine Einschulung, Feedback und ein Zeugnis. Ein Arbeitsverhältnis, das länger als 5 Monate dauert ist kein Praktikum mehr, dieser Zeitraum ist als Maximaldauer einzuführen.
60 Prozent der Studierenden arbeiten neben dem Studium, um sich ihren Lebensunterhalt zu finanzieren, zusätzliche 20 Prozent arbeiten in den Ferien, nur 16 Prozent aller Studierenden gehen keiner Erwerbstätigkeit nach. Diese schlechte soziale Situation wird durch unbezahlte bzw. unterbezahlte Praktika massiv verstärkt. Die meisten müssen arbeiten, um sich das Praktikum überhaupt leisten zu können. Daraus entstehen massive Doppel- und Dreifachbelastungen: der Vollzeitjob Studium, daneben Lohnarbeit für den Lebensunterhalt und dann noch ein Praktikum dazu. Besonders stark betroffen sind hier wieder Frauen, die tendenziell mehr Praktika absolvieren als Männer. Studien belegen, dass Praktika nach dem Studium fast nur von Frauen abgeleistet werden.
Um diese untragbare Situation zu lösen und die Studierenden zu entlasten, muss ein Mindesteinkommen von EUR 800,00 eingeführt werden. Zudem müssen Praktika im Kollektivvertrag verankert werden.
Gerade im NGO-Bereich werden sehr viele Praktika angeboten. Diese verfügen aber meist nicht über die notwendigen budgetären Mittel, um ein Mindesteinkommen von EUR 800,00 zu zahlen. Um diese wichtigen Praktikastellen weiter zu ermöglichen, soll ein Stipendiensystem für Praktika in NGOs eingeführt werden – die Kosten für das Mindesteinkommen müssen vom Staat übernommen werden.