Antrag 4 / Ja zu einer sozial-ökologischen Steuerreform – Nein zur Budgetsanierung unter einem "ökologischen Deckmäntelchen"!
zur 153. Vollversammlung der AK-Wien am 28. April 2010
Antrag zugewiesen (Ausschuss f. Finanzpolitik)
GA, BM, GLB, Türkis, Kom.: ja
FSG, ÖAAB, FA, Persp. BDFA: für Zuweisung
Die 153. Vollversammlung der AK-Wien möge beschließen:
Die Arbeiterkammer Wien findet eine Reform des österreichischen Steuersystems nach dem sozial-ökologischen Grundprinzip „fossile, klimaschädigende Energieträger höher besteuern – Arbeit und ArbeitnehmerInnen entlasten“ prinzipiell begrüßens- und verfolgenswert.
Die alleinige Erhöhung von Massensteuern unter dem Deckmantel einer „Ökologisierung“ zur Budgetsanierung ohne gleichzeitige steuerliche Entlastung von Arbeit und ArbeitnehmerInnen wird allerdings als sozial unausgewogen und vor allem untere und mittlere Einkommensschichten belastend abgelehnt.
Vielmehr fordert die AK Wien eine weitgehend aufkommensneutrale sozial-ökologische Steuerreform entlang oben erwähnter Grundprinzipien sowie begleitende klima- und wirtschaftspolitische Maßnahmen:
• die den Umstieg von fossilen auf klima- und umweltfreundliche Energieträger insbesondere zur Wärmegewinnung auch finanziell fördert („Heizkesseltauschprogramme“)
• die über einen „Umweltbonus“ (Transferleistung oder Steuerrückzahlung) als Ausgleich für die Mehrbelastung durch höhere Umwelt- und Energiesteuern kleine und mittlere EinkommensbezieherInnen entlastet
• die mehr öffentliche Mittel zur klima- wie beschäftigunspolitisch besonders wirksamen thermischen Sanierung des Althausbestandes (insbesondere für gemeinschaftliche und damit ressourcensparende Wohn- und Siedlungsformen) frei macht
• die öffentliche Mobilität steuerlich begünstigt – etwa über die steuerliche Absetzbarkeit von Monats- und Jahreskarten für öffentliche Verkehrsmittel mit Negativsteuerwirkung
• die über den Ausbau, die Verdichtung und Attraktivierung öffentlicher Verkehrsmittel ein entsprechendes flächendeckendes Alternativangebot zum motorisierten Individualverkehr schafft
• durch eine aufkommensneutrale Absenkung lohnbezogener Abgaben (nicht Sozialversicherungsbeiträge) Arbeit steuerlich entlasten und alternativ aus höheren Ökosteuern gegenfinanziert
• die Unternehmen gegenüber privaten Haushalten im Zuge einer Ökologisierung des Steuersystems nicht steuerlich bevorzugt.
Nicht zuletzt aufgrund der klaren Verfehlung der Kyoto-Ziele und aus Gründen des Klima- und Umweltschutzes ist eine grundlegende Reform des österreichischen Steuersystems – auch in ökologischer Hinsicht – dringend geboten. Das österreichische Steuersystem ist nach wie vor durch eine hohe steuerliche Belastung von Arbeit bei einer verhältnismäßig geringen Belastung von klimaschädigenden Energieträgern geprägt:
• so liegt der Anteil an Umweltsteuern am gesamten Steueraufkommen laut WIFO im Jahr 2006 in Österreich mit 5,9 % unter dem EU-27 Schnitt mit 6,4 %. In Dänemark liegt der Ökosteuer-Anteil bei 12,2 %, in den Niederlanden bei 10,4 %.
• Arbeit ist im europäischen – und auch internationalen Vergleich – dagegen steuerlich überdurchschnittlich belastet: So lagen in Österreich die Lohnsummensteuern (z.B. Kommunalabgabe, Wohnbauförderungsbeitrag …) im Jahr 2005 bei 2,6 % des BIP, in OECD-Europa dagegen bei lediglich 0,3 %, innerhalb der EU-15 und EU-19 bei 0,4 %. Der implizite Steuersatz auf Arbeit lag 2008 in Österreich bei 41 %, innerhalb der EU-25 dagegen bei 37 %.
Eine weitgehend aufkommensneutrale, sozial-ökologische Steuerreform mit dem einfachen Grundprinzip, die steuerliche Belastung weg von Arbeit und ArbeitnehmerInnen hin zu klimaschädigendem Energie- und Umweltverbrauch umzuschichten, ist daher naheliegend und würde damit zwei Effekte erzielen:
• einen lenkungspolitischen - weg von nicht-erneuerbaren, fossilen und klima- und umweltschädigenden Energieträgern hin zu erneuerbaren, umwelt- und klimafreundlichen Energien, sowie zu mehr Energieeffizienz bzw. -sparen.
• Einen verteilungspolitischen – nämlich die im internationalen und europäischen Vergleich hoch besteuerte Arbeit und die hoch besteuerten ArbeitnehmerInnen im Gegenzug steuerlich zu entlasten
Im Rahmen der einnahmeseitigen Maßnahmen zur Budgetkonsolidierung wird auch eine Erhöhung von Massensteuern – unter anderem die Mineralölsteuer – diskutiert. Diese Steuererhöhung wird unter dem Deckmantel einer „Ökologisierung“ des Steuersystems diskutiert. Mit einer sozial-ökologischen Steuerreform im Sinne einer mit der Erhöhung von Energiesteuern einhergehende Entlastung von Arbeit und ArbeitnehmerInnen hat diese Steuererhöhung aus Budgetsanierungsgründen allerdings nur wenig zu tun. Ein Entlastung von Arbeit und ArbeitnehmerInnen ist allerdings – weil diese das Budget einnahmeseitig nicht verkraften würde, wie es heißt – nicht angedacht!
Damit entlarvt sich die vermeintliche Ökologisierung vor allem als reine Geldbeschaffungs-maßnahme zur Sanierung des Budgetdefizits, was dem Grundgedanken einer sozial-ökologischen Steuerreform, wie sie überwiegend von Wissenschaft, Umweltverbänden etc. eingefordert wird, klar zuwider läuft.