Resolution 4 / Bankenrettung II“ – aus Fehlern der „Bankenrettung I“ lernen!
zur 156. Vollversammlung der AK-Wien am 25. Oktober 2011
Resolution zugewiesen (Ausschuss Wirtschaftspolitik)
GA, Persp.,BM, GLB, Türkis, Kom., BDFA: ja
FSG, ÖAAB, FA: für Zuweisung
Die 156. Vollversammlung der Arbeiterkammer Wien möge daher beschließen:
Seitens der Arbeiterkammer Wien wurde bereits im Rahmen des Bankenrettungspakets aus dem Jahr 2008 die Vergabe von Staatshilfen an strenge Auflagen bezüglich Dividenden-, Boni- Beschäftigungs- und Geschäftspolitik der betroffenen Bankinstitute gefordert. Zusätzlich forderte die Arbeiterkammer wie die Interessensvertretungen der ArbeitnehmerInnen europaweit – um weiteren Krisen vorzubeugen – u.a. umfangreiche Regulierungen der Finanzmärkte bis hin zu einem Verbot hochriskanter, spekulativer Finanzmarktprodukte.
Den Forderungen der Arbeiterkammer sowie den Interessensvertretungen der ArbeitnehmerInnen in Richtung einer stärkeren Regulierung der Finanzmärkte und des Bankensektors wurden allerdings nicht bzw. nur unzureichend nachgekommen – was nicht zuletzt dazu geführt hat, dass Europa nun neuerlich von krisenhaften Entwicklungen erschüttert wird, die einmal mehr den Bankensektor massiv zu treffen drohen und weitere Maßnahmen zur Bankenrettung notwendig machen könnten.
Die Arbeiterkammer Wien fordert, aus den Fehlern der Umsetzung des Bankenrettungspaketes aus dem Jahr 2008 - das Verluste weitestgehend sozialisiert, Gewinne weitestgehend privatisiert und den Bankensektor nicht wie gehofft entsprechend stabilisiert und reguliert hat - zu lernen und die notwendigen Schlussfolgerungen daraus zu ziehen.
Im Falle einer „Bankenrettung II“ sind potentielle Staatshilfen an folgende Bedingungen zu knüpfen:
1.Staatshilfen zur Eigenkapitalstärkung sind nur noch in Form von Stammaktien mit entsprechend verbrieften Stimmrechten und damit verbundenen Einfluss- und Mitbestimmungsmöglichkeiten zu leisten.
2.Bevor Staatshilfen zur Eigenkapitalstärkung in Anspruch genommen werden, müssen die betroffenen Finanzinstitute den Versuch unternehmen, sich über den Markt zu rekapitalisieren. Insbesondere gilt es Bondholder und andere Gläubigergruppen dahingehend zu überzeugen, Bonds bzw. Fremdkapital in Eigenkapital der Banken umzuwandeln (Debt Equity Swaps).
3.Für die Dauer der Inanspruchnahme von Staatshilfe sind Boni für das Topmanagement ebenso zu untersagen wie Dividendenausschüttungen an die AktionärInnen.
4.Für die Dauer der Inanspruchnahme staatlicher Hilfen ist der Erwerb anderer Institute untersagt.
5.Für die Dauer der Inanspruchnahme staatlicher Hilfe gilt die Beschränkung von ManagerInnengehälter auf ein noch näher zu definierendes gesellschaftlich akzeptables Maß. Richtschnur dafür könnten z.B. Ministereinkommen sein.
6.Banken sind jedenfalls für die Dauer der Inanspruchnahme staatlicher Hilfe verpflichtet, die Kreditversorgung der Wirtschaft sowie der privaten Haushalte sicherzustellen (z.B. festgelegte Mindestwachstumsraten des Kreditvolumens im Verhältnis zum Vorkrisenzeitraum)
Die Arbeiterkammer Wien fordert zusätzlich den raschest möglichen Einstieg in ein umfassendes System vermögensbezogener Steuern, welches Vermögenszuwächse, Vermögensübergänge und Vermögensbestände besteuert, um so eine verursachensgerechte finanzielle Krisenbewältigung zu ermöglichen.
Zusätzlich sind Gewinneinkommen über eine Reform der Körperschaftssteuer und der Gruppenbesteuerung sowie Spitzeneinkommen über die Anhebung des Spitzensteuersatzes stärker zur Finanzierung der - nicht zuletzt aus Gründen der Bankenrettung - angespannten Staatshaushalte heranzuziehen.
Weiters fordert die AK-Wien bis zur Umsetzung einer Finanztransaktionssteuer in Europa die Wiedereinführung einer reformierten Börsenumsatzsteuer.
Im Herbst 2008 beschlossen österreichische Bundesregierung und Nationalrat mit Beginn der Finanzkrise ein Bankenrettungspaket, das neben Haftungsübernahmen und Garantieerklärungen auch öffentliche Mittel zur Eigenkapitalstärkung in Form von Partizipationskapital vorsah. Auflagen – etwa im Bereich der Dividendenpolitik, der Managergehälter, der Sicherung von Beschäftigung oder Änderung der Geschäftstätigkeit - wie von Gewerkschaften und Arbeiterkammern im Falle einer Inanspruchnahme öffentlicher Mittel gefordert, waren im Gesetz nur äußerst vage vorgesehen und sollten maximal auf Verordnungswege beschlossen werden. Der damalige Finanzminister Molterer und später Pröll sprachen noch von einem „guten Geschäft“ für die Republik, ERSTE-Chef Treichl von einem „tollen Geschäft“. Die Zahlen sprechen allerdings ein andere Sprache:
Tatsächlich haben zwei Bankinstitute – die Hypo Alpe Adria sowie die Volksbanken AG – seit Inanspruchnahme von Partizipationskapital die entsprechende Verzinsung nicht geleistet.
Zusätzlich sind durch die Zwangsverstaatlichung der Hypo Alpe Adria sowie der Kommunalkredit erhebliche Kosten angefallen, die dazu geführt haben, dass die Mehrkosten – sprich Verluste – aus der Bankenrettung für die Republik Österreich laut Eurostat von 2007 bis 2010 bei einem Minus von 1,4 Mrd. Euro liegen.
Angesichts der sich verschärfenden wirtschaftlichen Lage mit drohenden schweren konjunkturellen Einbrüchen, einer fatalerweise nicht bzw. unzureichend stattgefundenen Finanzmarktregulierung, massiven makroökonomischernVerwerfungen in der Eurozone und im Bereich des Möglichen gerückte Staatsinsolvenzen bzw. Umschuldungsverfahren für hochverschuldete Staaten innerhalb der Eurozone, mit entsprechenden Wertberichtigungen in den Bilanzen von Finanzinstitutionen, machen neuerlich milliardenschwere Bankenrettungspakete wahrscheinlich. So haben zuletzt die deutsche Bundeskanzlerin Merkel und der französische Staatspräsident Sarkozy darauf hingewiesen, dass es wohl – nicht zuletzt im Zuge der Griechenlandkrise – zu weiteren Rekapitalisierungen von Banken in Europa kommen wird müssen. Rekapitalisierungen finanziert aus öffentlichen Mitteln von den SteuerzahlerInnen.
Sollten Bankenrettungen tatsächlich wieder notwendig werden, müssen allerdings entsprechende Lehren aus den vergangenen Rettungsmaßnahmen gezogen werden. Neuerliche Bankenhilfen müssen an strenge Auflagen und Mitbestimmungsmöglichkeiten seitens der öffentlichen Hand geknüpft sein und an der Behebung der Ursachen der Finanz- und Wirtschaftskrise – deregulierte und liberalisierte Finanzmärkte sowie wachsende Ungleichverteilung bei Einkommen und Vermögen über die letzten Jahrzehnte hinweg – in Europa wie auch in Österreich ansetzen. Eine höherer Besteuerung von Vermögen erscheint im Zusammenhang mit Bankenrettungs- und Finanzmarktstabilisierungspaketen nicht zuletzt deshalb für gerechtfertigt, da Bankenrettungspakete insbesondere den Gläubigern von Banken und der Sicherung ihrer Ansprüche gegenüber Finanzinstituten zugute kommen.
Angesichts knapper öffentlicher Mittel, die aus budgetärer Sicht kaum noch eine zweite Bankenrettung zulassen, ist der Einstieg in ein umfassendes System von vermögensbezogenen Steuern unumgänglich! Es ist unzumutbar, dass einmal mehr für eine – trotz Staatsfhilfe! - nach wie vor großzügige Dividenden- und Bonipolitik der Banken, die nicht zuletzt für die notorische Unterkapitalisierung und die aktuellen ökonomischen Schwierigkeiten der Finanzinstitute mitverantwortlich ist, die Mehrheit der SteuerzahlerInnen – die ArbeitnehmerInnen – aufzukommen hat.
Download: AUGER4 BankenrettungII