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Dringlichkeitsresolution / NEIN zur verpflichtenden Umsetzung von Strukturreformen (länderspezifischen Empfehlungen der Europäischen Kommission) im Rahmen des Europäischen Semesters!

zur 158. Vollversammlung der Arbeiterkammer Wien am 17. Oktober 2012

Resolution mehrheitlich angenommen
FSG, FA, Persp., BM, GLB, Türkis, KomIntern, BDFA: ja
ÖAAB, GA: für Zuweisung

Bericht von der Antragsbearbeitung

Antragsbearbeitung

Die 158. Vollversammlung der AK-Wien möge daher beschließen:

Die im Entwurf der Schlussfolgerungen des Europäischen Rats vom 8. Oktober 2012 angedachte völkerrechtliche Verpflichtung der Eurostaaten, Strukturreformen (u.a. länderspezifische Empfehlungen der EU-Kommission) verbindlich umzusetzen, wird entschieden abgelehnt.

Der Bundeskanzler ist daher aufgefordert, am Europäischen Rat am 18./19. Oktober und im Vorfeld der Ausarbeitung des Endberichtes zur Vollendung der WWU unter der Leitung von ER Präsident Van Rompuy entschieden gegen diesen Vorschlag aufzutreten.


Im Rahmen der gegenwärtigen Arbeiten des Präsidenten des Europäischen Rates zur Vollendung der Wirtschafts- und Währungsunion droht ein weiterer Angriff  auf die sozialstaatliche Verfasstheit  der EU-Mitgliedsstaaten durch in Aussicht genommene vertragliche Verpflichtungen im Zuge des Europäischen Semesters.

 

Das „Europäische Semester“ ermöglicht der Europäischen Kommission die Überprüfung nationalstaatlicher Haushalts- und Reformentwürfe vor Beschlussfassung in den nationalen Parlamenten. Hauptziel ist dabei die Einhaltung der haushaltspolitischen Vorgaben sowie die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit. Die Kommission spricht dazu im Rahmen des einem festen Zeitablauf folgenden „Semesters“ länderspezifische Empfehlungen gegenüber den Mitgliedsstaaten aus, die diese bei der Verabschiedung ihrer Haushalte und politischen Maßnahmen berücksichtigen sollen. Im Folgejahr findet eine Evaluierung darüber statt, ob und wie länderspezifische Empfehlungen in die Politiken der Mitgliedsstaaten Eingang gefunden haben.

 

Im Entwurf der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates (18.-19.10.2012)  vom 8. Oktober 2012 wird nun allerdings eine Selbstverpflichtung der Eurozone Staaten zur automatischen Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen der EU Kommission angedacht – wie bereits beim Fiskalpakt in Form eines im EU Recht nicht vorgesehenen (völkerrechtlichen) Vertrags:

 

"The smooth functioning of EMU for stronger and sustainable economic growth, employment and social cohesion requires stronger coordination, convergence and enforcement of economic policy. In this respect, the idea for the euro area Member States to enter into individual arrangements of a contractual nature at the European level on the reforms they commit to undertake and on their implementation should be explored.“

 

Diese Festlegung beim ER entspricht den Wünschen des Quartetts unter Leitung des Präsidenten des Europäischen Rates Van Rompuy, der am 12.10.2012 einen Zwischenbericht zur Vollendung der WWU vorgelegt hat. In diesem Zwischenbericht kommt die Intention des obigen Vorstoßes deutlich zum Ausdruck: “Promoting structural reforms through arrangements of a contractual nature”, wobei angedacht wird, die Reformfreudigkeit durch “limited, temporary, flexible and targeted financial incentives” zu erhöhen.

 

Insgesamt sind die Vorschläge derzeit noch wage, die Stoßrichtung ist aber bereits deutlich absehbar. Beim ER am 18./19. Oktober 2012 sollen Überlegungen in diese Richtung bekräftigt werden und bereits beim ER am 13./14. Dezember 2012 sollen Entscheidungen mit einem Zeitplan zur Umsetzung fallen. Wie in den letzten Jahren bei Einschränkungen von Demokratie und wirtschaftspolitischen Handlungsspielräumen bereits zum Usus geworden: überfallsartig und ohne entsprechend aufreichende Zeit für Debatten über die weitreichenden demokratie- und wirtschaftspolitischen Implikationen.

 

Der Vorschlag der vertraglichen Festlegung über Strukturreformen und länderspezifische Empfehlungen würde konkret bedeuten, dass die  Empfehlungen der EU-Kommission in den betroffenen Eurozone-Staaten - d.h. auch in Österreich – verpflichtend umgesetzt werden müssen.

 

Dies betrifft auch – gerade aus ArbeitnehmerInnensicht - ausgesprochen problematische Empfehlungen wie etwa

 

das zeitliche Vorziehen der Harmonisierung des gesetzlichen Pensionsalters für Frauen und Männer (spez. Empfehlung für Österreich)

 

das gesetzliche Pensionsantrittsalter an die Lebenserwartung zu knüpfen (dzt. massiv von der EU-Kommission betrieben)

 

die „Reform“ der Lohnverhandlungs- und Lohnindexierungssysteme in Luxemburg  und Belgien (sprich z.B. die Aufkündigung der automatischen Indexierung der Mindestlöhne in Luxemburg)

 


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