Antrag 1 / Bankgeheimnis abschaffen!
der AUGE/UG - Alternative und Grüne GewerkschafterInnen/Unabhängige GewerkschafterInnen
zur 160. Vollversammlung der Arbeiterkammer Wien am 7. Mai 2013
Antrag mehrheitlich zugewiesen
BDFA: ja
ÖAAB, FA: nein
FSG, GA, Persp., BM, GLB, Türkis, Kom.: für Zuweisung
Die 160. Vollversammlung der Arbeiterkammer Wien möge daher beschließen:
Die Arbeiterkammer spricht sich für die Abschaffung des Bankgeheimnisses in Österreich aus. Die Abschaffung des Bankgeheimnisses hat dabei ausnahmslos gegenüber den österreichischen Finanzbehörden zu gelten.
Das österreichische Bankgeheimnis steht unter Druck. Die EU-Partnerstaaten bestehen auf einen “automatischen Informationsaustausch”. Die Finanzbehörden der Heimatländer wollen volle Information über die Veranlagungserträge ihrer BürgerInnen im Ausland – nicht zuletzt um Steuerbetrug, Steuerhinterziehung und Schwarzgeldwäscherei wirkungsvoll verfolgen zu können. Während die Österreichische Bundesregierung sich hinsichtlich eines Informationsaustauschs bei ausländischen AnlegerInnen – zumindest partiell – gesprächsbereit zeigt, steht das Bankgeheimnis für österreichische StaatsbürgerInnen nicht zur Disposition.
Tatsächlich ist allerdings nicht einzusehen, warum die österreichischen Finanzbehörden keinerlei Information über die Geldvermögenssituation der österreichischen StaatsbürgerInnen haben soll, nicht zuletzt vor der Hintergrund der in der Gesellschaft breit geführten (Steuer-)Gerechtigkeitsdebatte und der unterschiedlichen (steuerlichen) Behandlung von Einkommen aus Arbeit und Einkommen aus Geldvermögen:
- Schließlich gibt es kein “Lohngeheimnis” - Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit ist dem Finanzamt vollständig bekannt, was eine progressive Besteuerung je nach Höhe des Einkommens erlaubt. Damit wird dem “Leistungsfähigkeitsprinzip” - wonach jede/r einen entsprechend seiner/ihrer ökonomischen Leistungsfähigkeit entsprechende Beitrag zum Steueraufkommen leisten soll – grundsätzlich entsprochen.
- Bei Zinseinkommen stellt sich die steuerliche Behandlung grundlegend anders dar. Zinseinkommen unterliegen keiner Steuerprogression sondern werden einheitlich mit 25 % besteuert. Mit dafür verantwortlich ist das “Bankgeheimnis”, das den Finanzbehörden eine personelle Zuordnung von Zinseinkommen verunmöglicht, das grundlegende Informationen über Höhe wie begünstigte Person nicht verfügbar sind. Zusätzlich unterliegen Zinseinkommen im Gegensatz zu Lohneinkommen keiner SV-Abgabenpflicht.
- Das führt zu einer strukturellen, steuerlichen Begünstigung von Zinseinkommen gegenüber Lohneinkommen, von Einkommen aus Vermögen gegenüber Einkommen aus Arbeit. So fallen für Zinserträge von 3.000 Euro 750 Euro an Steuern an, während ein/e ArbeitnehmerIn bei einem Monatseinkommen von 3.000 Euro brutto Steuern und Abgaben im Umfang von 1.094 Euro bzw. 36,5 % leisten muss. Unter Beibehaltung des Bankgeheimnisses ist diese objektiv nicht haltbare steuerliche Ungleichbehandlung jedenfalls nicht behebbar.
Zusätzlich erschwert bzw. verunmöglicht das Bankgeheimnis die längst überfällige und von der AK mehrfach geforderte umfassende Besteuerung von Vermögen und Vermögensübergängen, da über einen wesentlichen Vermögensbestandteil – nämlich über Geldvermögen einzelner Personen/Haushalte auf Sparkonten – keine entsprechenden bzw. nur unzureichende Informationen über den zu besteuernden Gegenstand vorliegen würden.
Vermögensstudien bzw. Geldvermögenserhebungen der OeNB im Rahmen der EU-weiten Vermögenserhebungen belegen dabei, dass von einer entsprechenden Einbeziehung von Sparkonten in eine umfassende Vermögensbesteuerung keineswegs die Masse der Sparenden betroffen werden – insbesondere dann, wenn entsprechende Steuerfreibeträge vorgesehen sind. So wird das auf Sparkonten liegende Geldvermögen für 2011 auf 157 Mrd. Euro geschätzt, wobei der Median des Geldvermögens (50 % besitzen mehr, 50 % weniger) bei 14.000 Euro liegt. Lediglich 10 % der Haushalte verfügen über ein Geldvermögen von über 100.000 Euro, nur 1,3 % der Haushalte über mehr als 500.000 Euro. Gleichzeitig liegt der Medianwert von Sparkonten bei 12.000 Euro. Vom Fall des Bankgeheimnisses und möglichen steuerpolitischen Konsequenzen wären also tatsächlich nur besonders vermögende SparerInnen betroffen. Eine Gruppe unter der die viel strapazierte “Oma mit dem Sparbuch” wohl kaum zu finden sein wird.
Das Bankgeheimnis steht somit tatsächlich einer grundlegenden Steuerstrukturreform entgegen, die zu einem Mehr an Steuergerechtigkeit insbesondere im Sinne des “Leistungsfähigkeitsprinzips” führen würde. Vom österreichischen Bankgeheimnis profitieren nicht nur Steuerhinterzieher, Steuerbetrüger und Schwarzgeldwäscher, sondern auch besonders vermögende Gruppen und jene, die hohe Zinseinkommen beziehen.